IAT- und ZfTI-Studie untersucht Einstellungen zu Pflegebedürftigkeit und Wohnalternativen für pflegebedürftige türkische Migranten
Viele Menschen mit Migrationshintergrund leben bereits seit Jahrzehnten in Deutschland. Sie werden hier alt, vielleicht pflegebedürftig und brauchen Unterstützung. Über Leben und Gesundheit im Alter, mögliche Wohn-, Pflege- und Betreuungsangebote fehlen aber oft Informationen. Das zeigt eine aktuelle Studie, die das Institut Arbeit und Technik (IAT/Westfälische Hochschule) gemeinsam mit dem Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI) für den GKV-Spitzenverband erstellt hat.
In der Telefonbefragung wurden über tausend Türkeistämmige im Alter von über 50 Jahren zu ihrer persönlichen Einschätzung des Lebens und Wohnens im Alter bei Pflegebedarf befragt. Daneben wurden Expertengespräche mit Dienstleistern aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, wohnungswirtschaftlichen Akteuren und Fachleuten aus Wissenschaft und öffentlicher Verwaltung geführt. Damit liegt erstmals ein repräsentativer Datenbestand zu dem Thema vor. Eine Erkenntnis der Studie: bei „den älteren Türken“ handelt es sich keineswegs um eine homogene Gruppe – das Spektrum der Ansichten streut tendenziell hinsichtlich des Bildungsniveaus, der Integration in die Mehrheitsgesellschaft, der Religiosität, der Akzeptanz außerfamiliärer Unterstützung im Alter etc.
Insgesamt sind ambulante und stationäre Angebote der Pflege bei älteren Migranten wenig bekannt. Gründe sind vor allem Sprachprobleme, Vorbehalte gegenüber Pflegeinstitutionen, das Vertrauen auf die Pflege durch Kinder und Verwandte, das unübersichtliche Pflegesystem – oft wird einfach die Rückkehr in die alte Heimat immer wieder aufgeschoben. Die Wünsche der Zielgruppe unterscheiden sich kaum von der Allgemeinbevölkerung. So möchte die große Mehrheit auch bei Pflegebedürftigkeit in der eigenen Wohnung bleiben und am liebsten durch Angehörige gepflegt werden. Aber die Offenheit gegenüber professioneller Pflege und auch Wohn- und Betreuungsalternativen bei Pflegebedarf ist weitaus größer, als häufig vermutet.
Rund 30 Prozent der Befragten befürworten grundsätzlich das gemeinschaftliche Wohnen bei Pflegebedürftigkeit. Vielen gilt die soziale Isolation alter Menschen als Gefahr. Als wichtiges Argument für eine Pflege-Wohngemeinschaft gilt die dort gegebene professionelle pflegerische und medizinische Betreuung – im Unterschied zur Allgemeinbevölkerung, die diesen Vorteil kaum erkennt. Auch die Möglichkeit, im Rahmen gemeinschaftlichen Wohnens neue Sozialkontakte aufzubauen, wird als Vorteil genannt. Zur Umsetzung von Wohnprojekten für türkeistämmige pflegebedürftige Senioren in Deutschland gibt die Studie eine Reihe von Empfehlungen sowie eine erste praxisorientierte Handreichung und Entscheidungshilfe, die potenziellen Interessenten, Investoren und Anbietern schnell einen Überblick über den Aufwand und die notwendigen Schritte verschafft.