Die Türkei gehört weltweit zu den größten Rüstungsimporteuren, vor allem aus den USA. Sie ist aber auch Abnehmer größerer Mengen deutscher Rüstungsgüter, wobei die deutsche Bundesregierung seit Ende 2016 eine restriktivere Genehmigungspolitik dorthin verfolgt. Das aktuelle „Länderportrait Türkei“ des Friedens- und Konfliktforschungsinstituts BICC gibt einen Überblick über Grunddaten zum militärischen Sektor und überprüft, wie das Land in Hinblick auf Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU zu Rüstungsexporten aufgestellt ist.
Der Bericht untersucht die Entwicklung deutscher Rüstungsexporte in die Türkei. Neben der Lieferung von Schiffen und Schiffsteilen für die türkische Marine stachen insbesondere größere Panzerlieferungen hervor. So exportierte Deutschland im Zeitraum 2006 bis 2010 fast 300 ausgemusterte Leopard-2A4-Panzer der Bundeswehr, die in der Türkei modernisiert wurden. Im Zeitraum 2010 bis 2014 folgten 56 weitere Leopard-Panzer.
Das Länderportrait belegt zwar, dass die deutsche Bundesregierung seit Ende 2016 eine restriktivere Genehmigungspolitik bezüglich der Rüstungsexporte in die Türkei verfolgt. So wurden von November 2016 bis März 2017 elf Anträge zur Lieferung von Handfeuerwaffen, Munition sowie Komponenten für andere Rüstungsgüter nicht genehmigt. Als Gründe wurden mit Bezug auf den Gemeinsamen Standpunkt der EU die sich verschlechternde Menschenrechtslage nach dem Putschversuch, der sich erneut zuspitzende Kurdenkonflikt sowie die Befürchtung, dass die Rüstungsgüter für Repressionen innerhalb der Türkei genutzt werden könnten, genannt. Dennoch stimmte Bundesregierung anderen bedeutenden Lieferungen zu: In den ersten vier Monaten von 2017 wurden 57 Genehmigungen im Wert von fast 22 Millionen Euro erteilt, die zu 81,8 Prozent Kampfmittelräumausrüstung und Abfeuereinrichtungen betrafen.
Der Länderbericht analysiert die Situation in der Türkei anhand der Kriterien des EU Gemeinsamen Standpunkts und beschreibt die Menschenrechtslage der Türkei als derzeit äußerst problematisch. Ferner liefert er Fakten zum militärischen Engagement des Landes in regionalen Gewaltkonflikten und im Kurdenkonflikt.
Neben dem „Länderportrait Türkei“ stellt das BICC (Internationales Konversionszentrum Bonn) auf seiner Webseite weitere 36 Berichte zu Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte zur Verfügung. Durch eine bessere Verfügbarkeit von soliden Informationen soll eine besser fundierte Bewertung der deutschen Rüstungsexporte erleichtert werden. Das Projekt wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.