Am 31. Oktober ist Weltstädtetag (WCD), dieses Jahr unter dem Motto „Nachhaltige und widerstandsfähige Städte“. Ziel des 2013 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufenen Tages ist, das internationale Interesse am Thema Urbanisierung und die zwischenstaatliche Kooperation im Umgang mit Chancen und Herausforderungen städtischer Entwicklung zu fördern. Insbesondere beim zweiten Teilziel, der Zusammenarbeit im Bereich nachhaltiger Urbanisierung, besteht noch viel „Luft nach oben“.

Die direkte Bezugnahme des WCD 2018 auf Ziel 11 der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung („Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig machen“) ist kein Zufall. Nicht nur sind Städte und Kommunen von den großen globalen Herausforderungen – Klimawandel, Armut, Gewaltkonflikte – unmittelbar betroffen, sie sind auch zentrale Akteure für ihre Bearbeitung. Die Mehrheit der globalen Migrations- und Fluchtbewegungen verläuft in Richtung urbaner Räume. 80 Prozent der Wirtschaftsleistung wird in Städten erbracht. Gleichzeitig werden in Städten über 70 Prozent der globalen Treibhausgase ausgestoßen und ein ebenso großer Anteil der globalen Energie verbraucht.

Der Bedeutungsgewinn der Städte spiegelt sich mittlerweile in einem wachsenden Selbstbewusstsein der „urban community“ wider. So wurde die New Urban Agenda, Ergebnisdokument des dritten UN-Gipfels für Wohnen und nachhaltige Stadtentwicklung(Habitat III), mit dem Anspruch formuliert, „die zentrale Rolle der Städte und menschlicher Siedlungen als Treiber nachhaltiger Entwicklung in einer zunehmend urbanen Welt“ (NUA, §22) zu nutzen. Zivilgesellschaftlich stark mitgeprägte Initiativen wie der WCD oder der im Oktober ebenfalls jährlich begangene World Habitat Day (WHD) sowie Großveranstaltungen, wie das von UN-Habitat ausgerichtete, zweijährige World Urban Forum (WUF) gestalten diesen Anspruch mit.

Allerdings besitzen Städte und Kommunen – im Gegensatz zu den nationalen Regierungen – kein Stimmrecht bei den einschlägigen globalen Verhandlungen. Zu diesen gehören neben den lediglich auf alle zwanzig Jahre terminierten Habitat-Konferenzen die jährlichen Klimakonferenzen (COPs) und das High Level Political Forum (HLPF), in dessen Rahmen die Zielerreichung der globalen Entwicklungsziele – nahezu alle mit Berührungspunkten zu Stadtentwicklungsthemen – jährlich überprüft wird. Ihre Möglichkeiten, nationale Politiken zu Themen globaler Nachhaltigkeit zu beeinflussen sind oftmals begrenzt.

Das heißt allerdings nicht, dass Städte auf internationaler Ebene keine Rolle spielen. Besonders aktiv sind die rund 200 nationalen und internationalen Städtenetzwerke. Deren Lobbyarbeit und Wissensaustausch umfasst viele Bereiche, war aber in den letzten Jahren vor allem im Klimaschutz erfolgreich. Netzwerke wie die Cities Climate Leadership Group (C40) oder die Local Governments for Sustainability (ICLEI) haben beispielsweise den Klimaprozess von Paris entscheidend vorangetrieben. So wird – besonders von Seiten der Städte – betont, dass ohne ihre „Klimadiplomatie“  außerhalb der offiziellen Verhandlungsräume der Vertrag nicht in dieser Weise zustande gekommen wäre.

Ein anderer Bereich ist der Umgang mit Flucht und Migration; Netzwerke wie die rund 300 US-amerikanischen „Zufluchtsstädte“ (sanctuary cities) widersetzen sich seit Jahrzehnten nationalen Abschiebepolitiken; einige europäische Metropolen (Barcelona, Danzig) sind ihrem Beispiel gefolgt.

Wären vor diesem Hintergrund Städte und Kommunen die besseren Kooperationspartner zur Umsetzung nachhaltiger globaler (Stadt-)Entwicklung? Manchmal, aber nicht immer. Denn sie vertreten nicht per se progressivere Positionen verglichen mit nationalen Regierungen. So entscheiden sich nicht wenige Stadtregierungen für einen restriktiven Umgang mit Geflüchteten und MigrantInnen. Sie haben dabei vor allem ihre lokale Wahlbevölkerung im Blick. In anderen Fällen werden Zugewanderte in der Stadt- und Entwicklungsplanung erst gar nicht wahrgenommen, etwa in Nairobi, wo die geschätzt 60.000 in der Stadt lebenden Flüchtlinge mit keinem Wort im lokalen Entwicklungsplan erwähnt werden.

Wie kann vor diesem Hintergrund der Beitrag von Städten des globalen Südens und Nordens für nachhaltige globale Entwicklung gefördert werden? Es gilt erstens, ihre internationale Rolle zu unterstützen; Arenen wie WCD, WHD und WUF tragen durch Sichtbarmachung dazu bei. Zweitens ist es wichtig, dass sie auf nationaler Ebene über politischen und fiskalischen Spielraum verfügen, um ihrer globalen Verantwortung gerecht zu werden, beispielsweise durch den Aufbau einer emissionsfreien Verkehrsinfrastruktur oder die Anpassung sozialer Dienste an (etwa durch Zuwanderung) veränderte Bedarfe. Auf lokaler Ebene müssen Städte für potentielle eigene Beiträge zu den globalen Zielen sensibilisiert werden; Anreize wie sie die internationale Gemeinschaft derzeit im Rahmen des Globalen Flüchtlingspaktes für die lokale Integration von Flüchtlingen diskutiert, könnten hier ebenfalls eine Rolle spielen.

In diesem Sinne mein Vorschlag für das Thema des WCD 2019: „Inklusive und sichere Städte“.

Über die Autorin Dr. Eva Dick