Am 13. November veröffentlichte Chinas Entwicklungsagentur „Handlungsanweisungen für die Verwaltung von Entwicklungszusammenarbeit“.
Diese neuen Richtlinien schaffen einen gemeinsamen Handlungsrahmen für alle chinesischen Institutionen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Auch wenn es sich um interne Verfahrensanweisungen für die chinesische Bürokratie handelt, haben sie dennoch weitreichende globale Folgen. Schätzungen nach hat China sein Engagement in den letzten Jahren stark erhöht und war 2016 der weltweit siebtgrößte Geber.

Mit der Gründung der Agentur für Internationale Entwicklungszusammenarbeit (CIDCA) auf der Ebene eines Vize-Ministeriums erreichte die Reform der chinesischen Entwicklungszusammenarbeit im April 2018 einen Höhepunkt. Offen bleibt jedoch, welchen Mehrwert die Agentur in einem komplexen Gefüge aus über 30 chinesischen Institutionen in diesem Bereich leisten soll. Unklar ist insbesondere, ob es CIDCA gelingt, sich gegenüber anderen mächtigen Akteuren zu behaupten, wie etwa dem Handels- oder dem Außenministerium.

Die Richtlinien deuten an, dass CIDCA über alle anderen Institutionen hinausgehende Kompetenzen erhalten wird, insbesondere bezogen auf strategische Planung. Es bleibt das Risiko, dass die Agentur am Ende lediglich eine weitere Behörde in einer fragmentierten Bürokratie wird. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Richtlinien China dabei helfen können, seine Entwicklungszusammenarbeit deutlich zu verbessern. Aus internationaler Sicht kann die Agentur Chinas Entwicklungskooperation in drei Bereichen aufwerten:

Verbessertes Monitoring und Evaluierung
Erstens ist CIDCA jetzt befugt, Entwicklungsvorhaben zu beaufsichtigen und Evaluierungen durchzuführen. Obwohl sich CIDCA weiterhin mit anderen Institutionen abstimmen muss, ist die Agentur jetzt in der Lage ein umfangreiches Monitoring- und Evaluierungssystem (M&E) zu entwickeln, um die Effizienz und Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit zu verbessern.

China verfügt bereits vereinzelt über M&E-Systeme, doch sind diese vorrangig auf einzelne Projekte ausgerichtet, ohne dass Informationen zu allen Projekten zentral zusammengetragen werden. Dazu stehen technische Machbarkeit und wirtschaftliche Rentabilität im Fokus der aktuellen Evaluierungskriterien, während soziale, ökologische und langfristige Auswirkungen weniger berücksichtigt werden. Daher schlagen wir vor, dass CIDCA einen gemeinsamen Ergebnisrahmen für die gesamte Entwicklungszusammenarbeit festlegt, alle Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung in Projektbewertungen einbezieht und Ex-post-Evaluationen einführt.

Verbesserte Berichterstattung
Zweitens kann CIDCA zum zentralen Knotenpunkt für Berichterstattung werden. In den Richtlinien wird vorgeschlagen, ein einziges (statistisches) Berichtsystem für sämtliche chinesische Entwicklungsprojekte einzurichten. CIDCA hat die Aufgabe die „jährlichen Haushaltspläne und Abschlüsse für die Entwicklungsprojekte [aller beteiligten Institutionen] zusammenzuführen“.

Gelingt es CIDCA, diese Daten zu erheben und entsprechende Berichte zu erstellen, könnte China der langjährigen Kritik an der fehlenden Transparenz seiner Entwicklungskooperation endlich etwas entgegensetzen. Wobei die Qualität der Berichterstattung von der Genauigkeit und Verfügbarkeit der Daten abhängen wird. Wir empfehlen insbesondere eine Berichterstattung gemäß international vergleichbarer Standards.

Verstärkter internationaler Austausch
Drittens hat CIDCA das Mandat, sich im Namen der chinesischen Regierung international zu engagieren. Es besteht ein immenses Potenzial Chinas Mitwirken an internationalen Foren zu verbessern, vor allem bei den Vereinten Nationen, den G20 oder der Globalen Partnerschaft für wirksame Entwicklungskooperation (GPEDC). China könnte etwa über den eigenen Beitrag zur Bewältigung globaler Herausforderungen (einschließlich des Klimawandels) berichten und sich in der Politikkoordinierung stärker einbringen.

China hat sein internationales Engagement in einer Zeit verstärkt, in der andere Entwicklungsorganisationen unter Problemen wie dem wieder erstarkten Nationalismus und einer Aushöhlung des regelbasierten Multilateralismus leiden. Das bedeutet nicht, dass die internationale Gemeinschaft Chinas Politik, wie etwa die „Belt and Road“-Initiative, unkritisch begrüßen sollte. Eine generelle Ablehnung von Chinas Beitrag zur globalen Entwicklung ist allerdings keine Option, nicht zuletzt weil China bereits hunderte Millionen Menschen aus der Armut befreien konnte.

Der Fokus sollte stattdessen darauf liegen das Verständnis von Chinas Entwicklungserfahrungen zu vertiefen. CIDCA sollte zusammen mit den vielen chinesischen und internationalen Forschungsinstituten an der Identifizierung gemeinsamer Interessen arbeiten und die Wissensbasis zu Entwicklungszusammenarbeit ausbauen.

Insgesamt wird Chinas System der Entwicklungszusammenarbeit viele seiner Eigenarten behalten. CIDCA bietet jedoch eine Möglichkeit, die Koordinierung und strategische Planung zu stärken. Dies kann zu spürbaren Verbesserungen in der Durchführung chinesischer Entwicklungsvorhaben führen und damit Entwicklungsländern und anderen internationalen Partnern direkt zugutekommen.


Liu Wei ist Assistant Research Fellow am Institute of World Economics & Politics, Chinese Academy of Social Sciences und nimmt an der Managing Global Governance (MGG) Academy 2018 teil.

Heiner Janus ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprogramm Inter- und transnationale Zusammenarbeit am DIE.

Über den Autor Heiner Janus