„Stabilisierung“ gewinnt zunehmend an Bedeutung als Leitbild für die internationale Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Unterschiedliche Stabilisierungsansätze werden in Wissenschaft, Politik und Praxis durchaus kontrovers diskutiert. Oft geht es um das Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit, Ordnung, Frieden und Menschenrechten. Dies thematisierte auch die internationale wissenschaftliche Konferenz, die das Friedens- und KonfliktforschungsinstitutBICC am 20. November 2018 in Bonn veranstaltete.
Drei parallele Themengruppen tauschten sich zunächst über „Friedenssichernde Einsätze und Militärinterventionen“, „Ausbildungs- und Ausrüstungsprogramme und Sicherheitssektorreform“ und „‘Migrationsmanagement’, Humanitäre und Entwicklungshilfe“ aus. Grundlage der Diskussion waren die Leitfragen der Konferenz:
1. Wie verstehen wir Stabilisierung? Wer oder was soll stabilisiert werden und zu welchem Zweck?
2. Wie funktioniert Stabilisierung in der Praxis? Was sind konkrete Mittel und Praktiken?
3. Bedeutet die wachsende Bedeutung von Stabilisierung, die Unterstützung für Demokratie und Menschenrechte aufzugeben, und sich stattdessen auf die Schaffung und Aufrechterhaltung der Ordnung zu konzentrieren?
Diesen Fragen folgte auch die Diskussion in den parallelen Diskussionsgruppen zu Irak, Syrien und Mali.
Als wichtigste Erkenntnisse hoben Esther Meininghaus, Katja Mielke und Max Mutschler, die die Konferenz federführend organisiert hatten, hervor, dass es dem Begriff Stabilisierung an einer klaren Definition mangelt. Die Einstellung hierzu hinge stark von den Akteursinteressen ab, etwa dem, strategisch zu intervenieren. „Solange Stabilisierung ein so breit und unklar gefasster Begriff ist, ist es auch schwierig, ‚Erfolge‘ zu bewerten. Hierzu mangelt es auch an empirischer Forschung“, unterstrichen die BICC-Wissenschaftlerinnen und –Wissenschaftler. Ein weiteres Defizit bestehe darin, dass lokale Konzepte und Theorien zu wenig einbezogen werden und stattdessen die Geberperspektive dominiere. „Die Frage nach der lokalen Legitimität von Stabilisierung bietet ein gemischtes Bild. Zwar kann etwa die Ausbildung von Sicherheitsakteuren durchaus positiv sein. Wenn diese aber in der lokalen Bevölkerung kein Vertrauen genießen und selbst als Sicherheitsbedrohung wahrgenommen werden, stellt das ein massives Probleme dar“, betonten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
„Stabilisierung steht vor einem Dilemma: Man muss mit Akteuren vor Ort zusammenarbeiten, doch diese profitieren oft von der Aufrechterhaltung von Strukturen, die Konflikte überhaupt erst fördern“, fassten Esther Meininghaus, Katja Mielke und Max Mutschler zusammen.
Zu den rund 80 Teilnehmenden der BICC-Konferenz gehörten sowohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Friedens- und Konfliktforschung und Think Tanks als auch Expertinnen und Experten aus internationalen Nichtregierungsorganisationen sowie Bundesministerien wie dem Auswärtigen Amt. Im Rahmen der interaktiv gestalteten Konferenz diskutierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Belgien, Frankreich, Großbritannien, Libanon, Mali, den Niederlanden, Kanada, der Türkei, den USA und Deutschland. Die Konferenz wurde von der Stiftung Internationale Begegnung der Sparkasse in Bonn und der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF) gefördert.