Mälzen, schroten, maischen, läutern, kochen, gären, lagern, filtrieren und abfüllen: Bier brauen war schon immer eine große Kunst. Oder, wie man heute sagen würde: ein komplexer Prozess. Mit über 1.400 Braustätten, einem Jahresabsatz von fast 100 Millionen Hektoliter Bier und fast 8 Milliarden Euro Umsatz ist die Brauwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftszweig in Deutschland. Auch die Maschinen deutscher Hersteller für die Getränkeher­stellung gelten weltweit als führend in Qualität und Leistung. Einen innovativen Ansatz erarbeitet das RIF Institut für Forschung und Transfer, Dortmund, gemeinsam mit namhaften Partnern aus der Getränkeindustrie und der IT-Branche in einem neuen Forschungsprojekt unter Federführung der Bitburger Braugruppe GmbH. Erforscht wird binnen drei Jahren, wie das Wissen über komplexe Prozesse mit den Methoden der Industrie 4.0, allen voran mit Data-Mining und maschinellem Lernen, neue Einsichten und Anwendungsfelder generieren kann. Mehr als das: Während für den Kunden traditionell das Endprodukt Bier im Fokus steht, werden im Zuge der Digitalisierung für Brauereien, Getränke-  und Anlagenhersteller auch die Daten zum Wirtschaftsgut.

Kick Off-Meeting des Projektkonsortiums bei der Bitburger Braugruppe

„Vor dem Hintergrund steigender Lohn-, Energie- und Rohstoff­preise sowie sich wandelnder Märkte gerät auch in einer Branche mit hoher internationaler Reputation wie die deutsche Brauwirt­schaft, in der Tradition und der Einsatz modernster Anlagentechno­logie Hand in Hand gehen, die Prozessoptimierung immer mehr in den Fokus. Bestehende Verbesserungsansätze aus den Bereichen Lean und Six Sigma geraten bei komplexen biochemischen Prozessen an ihre Grenzen. Die Anwendung von maschinellem Lernen kann helfen, die Transparenz zu erhöhen und die Effizienz der Prozesse zu steigern“, ist sich Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jochen Deuse, Leiter der RIF-Abteilung Produktionssysteme, sicher.

Bislang jedoch fehlt es an den Grundlagen einer standardisierten IoT-Architektur sowie Modulen zur Datenerhebung, -verarbeitung und Anwendung von maschinellen Lernverfahren. Diese sollen mit dem neuen RIF-Forschungsprojekt unter dem Titel „Datengetriebene Prozessoptimierung mit Hilfe maschinellen Lernens in der Getränkeindustrie“, kurz DaPro, geschaffen werden. Binnen drei Jahren will das Konsortium die Fundamente für die Brauerei der Zukunft legen. Beteiligt sind der Konsortialführer und Deutschlands Fassbiermarke Nummer 1, die Bitburger Braugruppe, sowie mit der Augustiner-Bräu Wagner KG, die älteste Brauerei Münchens. Mit der Syskron X GmbH ist die Digitalisierungssparte der Krones AG, Weltmarktführer in der Getränkeabfüllindustrie, vertreten. Aus Dortmund ist mit der RapidMiner GmbH, einer Ausgründung aus der TU Dortmund, auch ein weltweit führender Analyse-Plattform-Anbieter beteiligt. RIF unterstützt die wissenschaftliche Koordination des Projekts mit seiner Expertise in den Bereichen Digitale Fabrik und Industrial Data Science und sorgt für den Transfer der Projektergebnisse in Wissenschaft und Praxis.

Ziel des Projektes, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird, ist es, eine Art Werkzeugkoffer zur Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung mit standardisierten Data-Mining-Modulen für die Brauereibranche zu entwickeln. Durch die Entwicklung einer IoT-Referenzarchitektur sollen Prozesse von der Datenerhebung am Sensor bis hin zur Speicherung verarbeiteter Daten in der Cloud durch Nutzung bestehender und Entwicklung neuer Datenformate, Schnittstellen und Kommunikationsprotokollen realisiert werden. Diese bildet die Basis für die Entwicklung und Anwendung der Data-Mining-Module. Durch eine Formalisierung und Generali­sierung der Erkenntnisse, so der Plan des Projektkonsortiums, könnte die Systematik auch in andere Bereiche der Getränke- und Prozessindustrie, etwa auf die Herstellung und Abfüllung von Wasser, Limonade oder Saft, übertragen werden. Für häufig auftretende Anwendungsfälle sollen generalisierende Lösungsmuster sowie ein nachhaltiges Betreibermodell entwickelt und bei den Partnern Syskron X und RapidMiner umgesetzt werden. Diese Lösungsmuster und Betreibermodelle sollen dabei eine lukrative Nutzung von Analyse- und Prognoseverfahren demonstrieren.

Mit der Bitburger Braugruppe und der Augustiner-Bräu Wagner KG aus München sind zwei  Brauereien im Projektkonsortium vertreten, die neben Produktivitätssteigerungen vor allem die Stabilität und Steuerung von Prozessen auch mit Blick auf ökologische, ressourcensparende und nachhaltige Produkte höchster Qualität verbessern wollen. Weitere Partner aus der Brau- und Getränkeindustrie, die an den Projektinhalten interessiert sind, können sich bei Herrn René Wöstmann (RIF) unter Tel. 0231 9700-712 informieren.

Förderhinweis:

Dieses Vorhaben „DaPro“ wird im Rahmen des Programms „Daten als Wirtschaftsgut“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (Förderkennzeichen 01MT19004D) gefördert und vom DLR Projektträger betreut.

 

Für Rückfragen der Redaktion:

RIF Institut für Forschung und Transfer, Michael Saal, Ge­schäftsführer, Telefon: 0231.9700 100.

Weitere Infos:

RIF-Pressestelle:

vdB Public Relations, Sabine von der Beck, Telefon 0209.167-1248, E-Mail: [email protected], Munscheidstraße 14, 45886 Gelsenkirchen