Am 17. Mai 2019 wird zum 50. Mal der Welttag der Telekommunikation und Informationsgesellschaft begangen. Was gibt es da zu feiern? Einfache, schnelle und kostengünstige Kommunikation und Informationsbeschaffung für weite Teile der Weltbevölkerung.

Der Tag gibt aber auch Anlass, darüber nachzudenken, wer von der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) ausgeschlossen ist oder nur teilweise darauf zugreifen kann. Es verläuft nach wie vor weltweit eine digitale Kluft entlang geographischer und gesellschaftlicher Linien und der Zugang zu ICT-Dienstleistungen ist für viele Menschen gerade im Globalen Süden zumindest eingeschränkt, wenn nicht sogar verwehrt. Das liegt einerseits an den Kosten für Handys und andere Endgeräte, mobile Daten und WLAN-Nutzung. Andererseits an der mangelnden Verbreitung von Mobilfunknetzen oder ganz einfach daran, dass es keine Elektrizität gibt, um Akkus aufzuladen.

Flucht und digitale Technologien

Besonders relevant ist das Zugangsproblem für Geflüchtete. Sie sind oftmals in vielerlei Hinsicht auf ihre Handys angewiesen: Um den Weg in eine sichere Region zu finden oder nach der Ankunft Bildungs-, Job- oder Wohnungsangebote sowie medizinische Dienstleistungen wahrnehmen zu können. Am wichtigsten ist jedoch für die meisten Geflüchteten der Kontakt zu Freunden und Familie, die in den jeweiligen Heimatländern zurückbleiben.

Inzwischen setzen viele internationale Organisationen auf die Entwicklung von ICT-Dienstleistungen zur Unterstützung von Geflüchteten. Beispielsweise hat das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) ein mobiles Geldtransfersystem zur finanziellen Unterstützung von Haushalten in Geflüchtetenlagern in Kenia eingeführt, während die Nichtregierungsorganisation „Refunite“ eine App zur Familienzusammenführung entwickelt hat. Diese und andere digitale Angebote sind zweifellos gut durchdacht und von unschätzbarem Wert für viele Migrantinnen und Migranten. Sie sind aber nicht unbedingt inklusiv.

Gerade in Subsahara-Afrika besitzen viele Geflüchtete nach wie vor kein Handy oder zumindest keines mit Internetzugang. Ein Forschungsteam des DIE hat sich in den vergangenen Monaten mit dem Thema Migration und Digitalisierung in Kenia auseinandergesetzt und vor Ort viel über die hohen Erwartungen an digitale Lösungen seitens der humanitären Akteure und dem relativ eingeschränkten Internetzugang aufseiten der Geflüchteten gelernt. In Kakuma, einem der weltweit größten Geflüchtetenlager, haben nahezu alle Haushalte Zugriff auf ein Handy, doch die Kosten, die mit dem Erwerb mobiler Daten einhergehen und die eigentliche Nutzung erst ermöglichen, stellen eine große Hürde für viele Familien dar. Gleichzeitig empfinden viele Bewohner es als überlebensnotwendig, im Camp über ein Handy erreichbar zu sein – nicht zuletzt, um von den Angeboten der humanitären Organisationen profitieren zu können.

Drei Empfehlungen zur Entwicklung (digitaler) Dienstleistungen für Geflüchtete

Einerseits sollten internationale Organisationen altbewährte analoge Strategien nicht außer Acht lassen, um sicherzustellen, dass alle erreicht werden. Gerade in Geflüchtetenlagern oder ländlichen Gebieten machen Investitionen in Offline-Angebote, wie Community Events, Radiosendungen oder Beratungszentren mitunter mehr Sinn als die Entwicklung teurer, digitaler Apps, die nur über internetfähige Handys zu bedienen sind. Das Radio ist darüber hinaus für viele Menschen nach wie vor der günstigste und einfachste Weg, um an Informationen zu gelangen.
Andererseits ist es ratsam, etablierte und vertraute Kommunikationswege zu nutzen. Besonders wenn es darum geht, Informationen zu verbreiten, ist es hilfreich, auf bekannte Kanäle wie Facebook, WhatsApp oder auch SMS zurückzugreifen, anstatt eine neue Technologie zu entwickeln, die zunächst fremd und nicht vertrauenswürdig ist.

Wenn eine ICT-Anwendung entwickelt wird, ist es darüber hinaus wichtig, sie möglichst breit zu fächern sodass sie sowohl mit herkömmlichen Handys als auch mit Smartphones zugänglich ist. Gleichzeitig sollten Anwendungen so designt sein, dass sie nicht zu viel Datenvolumen einnehmen oder Batterie verbrauchen und intuitiv zu bedienen sind – auch für Menschen, die weder lesen noch schreiben können.

Eine digitale Zukunft

Ungeachtet dieser Empfehlungen, ist es richtig, dass sich der Zugang zu ICT auch im Globalen Süden immer weiter ausbreitet. Die Entwicklung digitaler Dienstleistungen durch entwicklungspolitische Akteure ist deshalb nicht per se verfehlt, sondern kann in der Tat zukunftsweisend sein. Wir können am Welttag der Telekommunikation also durchaus optimistisch sein, dass die digitale Kluft schrumpft und moderne Technologien in Zukunft gerade für jene Personen zugänglich werden, die sie am meisten benötigen. Im Sinne der Agenda 2030 und ihres Prinzips von „leave no one behind“ sollte jedoch auch heute schon niemand von Dienstleistungen ausgeschlossen werden – besonders nicht die Menschen, die durch die Flucht aus ihren Heimatländern ohnehin schon so Vieles verloren haben.


Carlotta Preiß ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin. Zuvor war sie Teilnehmerin des 54. Postgraduiertenprogramms des DIE und arbeitete im Forschungsteam Digitalisierung und Migration in Kenia.