Das Krisenmanagement weiblicher Führungskräfte wird während der COVID-19-Pandemie als ausgesprochen kompetent und effizient porträtiert. Eine Studie der University of Reading bestätigt, dass Länder, die von Frauen geführt werden, den Lockdown als Maßnahme zur Pandemiebekämpfung deutlich früher umgesetzt haben. Diese Länder hatten – zumindest bei der ersten Welle der Pandemie – weniger COVID-19-Infektionen und Todesfälle zu beklagen.
Wie lässt sich erklären, dass Regierungschefinnen die Folgen der Pandemie vergleichsweise erfolgreich abmilderten? Die Antwort steckt in der Verbindung aus kommunikativen und strukturellen Elementen. Strukturelle Faktoren beinhalten die geografische Lage eines Landes, die Bevölkerungsdichte, die Gesundheitsinfrastruktur sowie die Beziehungen auf internationaler Ebene und letztlich das Regierungssystem selbst.
Die Studie der University of Reading betont die proaktiven Handlungen weiblicher Führungskräfte in der Pandemie-Bekämpfung, die maßgeblich dazu beitrugen, Menschenleben zu retten. Eine effektive Krisenkommunikation sowie die Fähigkeit, auf diversen Plattformen mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten, scheinen einen erheblichen Unterschied zu machen. Regierungschefinnen nutzten individuelle Ansätze, um die Entwicklung der Pandemie zu erklären und zur Einhaltung staatlicher Maßnahmen aufzurufen.
Natürlich existiert nicht nur ein erfolgreiches Modell der Krisenkommunikation. Es scheint jedoch, dass die Kommunikation mit der Bevölkerung dann besonders effektiv ist, wenn diese auf einer Mischung aus Wissenschaft, Vernunft und Emotion basiert. Insbesondere dann, wenn die Führungskraft auch ein gewisses Maß an Empathie ausdrückt. Länder, in denen die führenden Politiker*innen transparent kommunizierten und so Vertrauen zu den Bürger*innen aufbauten, erfuhren eine stärkere Zustimmung zu den COVID-19 Maßnahmen. Einige Beispiele veranschaulichen die Krisen-Kommunikationsstrategien von Regierungschefinnen.
Angela Merkel, die bekannteste Europäische Führungspersönlichkeit, setzte bereits zu Beginn der Pandemie auf einen objektiven, wissenschaftsbasierten Kommunikationsansatz. Sie erklärte den Bürger*innen frühzeitig Kennzahlen wie den R-Wert und verteidigte ihre Strategie anhand von Daten über Infektionsraten. Merkel wurde für ihren Kommunikationsstil und ihre wissenschaftliche Expertise in vielen Teilen der Welt gelobt. Zudem brachte sie ihr Mitgefühl für die bedrückende Situation des Social Distancings zum Ausdruck, die auch ältere Menschen stark trifft.
Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern hat eine emotionalere Perspektive eingenommen. Sie kommunizierte ausbalanciert und verständlich und bezog die Bedürfnisse der Bürger*innen aktiv z.B. durch Fragen und andere Beteiligungsmöglichkeiten ein. Expert*innen zufolge entwickelte sich ihr Kommunikationsansatz von einer institutionellen Strategie hin zu dem Narrativ der gemeinsamen Herausforderung, die sie mit ihren Mitbürger*innen teilt. Studien zeigen, dass insbesondere Empathie und Mitgefühl zu den entscheidenden Eigenschaften einer erfolgreichen Führungskommunikation zählen, da diese beeinflussen, wie die Bürger*innen die Krise und die Fähigkeit des Staatsoberhaupts, darauf zu reagieren, beeinflussen.
Auch die finnische Regierungschefin Sanna Marin überzeugte durch einen schnellen, inklusiven Kommunikationsstil. Ähnlich wie in Neuseeland galten auch in Finnland klare Lockdown-Regelungen für COVID-19-Hotspots. Die Maßnahmen waren restriktiv, wurden jedoch von den Bürger*innen akzeptiert und mitgetragen. Marins Strategie war eine Balance aus kommunikativer Entschlossenheit und Offenheit gegenüber den sich ständig verändernden Bedingungen. So sicherte sie den Zusammenhalt in der finnischen Bevölkerung. Des Weiteren wird die für COVID-19 entwickelte App zur Kontaktverfolgung aktiv von den Bürger*innen genutzt. Digitales Homeschooling war dank der Verfügbarkeit technischer Geräte an finnischen Schulen ebenfalls kurzfristig umsetzbar. Marin nutzte diese digitale Ausstattung wiederum geschickt; zum Beispiel für eine persönliche Frage-Antwort-Runde mit Schulkindern.
Weibliche Führungspersonen zeichnen sich in der Pandemie durch ihre Fähigkeit aus, Risiken verantwortungsbewusst einzuschätzen sowie auf Basis von Wissen und Emotionen zu agieren. Ebenso relevant ist ihre Flexibilität, den Prozess der Pandemie-Bekämpfung an neue wissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen und gleichzeitig die Bedürfnisse verschiedener Menschen, unter anderem von Kindern, Senior*innen und Minderheiten, mit einzubeziehen. Diese Mischung aus empathischer Kommunikation und wissenschaftsbasierter Politikgestaltung beschränkt sich natürlich nicht nur auf weibliche Führungspersönlichkeiten. Doch aufgrund gesellschaftlich konstruierter Geschlechteridentitäten und der Art und Weise, wie die Pandemie die Grenzen zwischen Privatleben und Öffentlichkeit verwischt, waren weibliche Führungspersonen besser darauf vorbereitet, schnell entscheidende Maßnahmen zu ergreifen, Gefühle zu zeigen und den sozialen Zusammenhalt in einer solchen umfassenden Krise zu erhalten.
Der Kommunikationsstil weiblicher Führungspersonen ist in dieser Krise ein wichtiger Faktor, um die Legitimität der Lockdown-Maßnahmen sowie deren Einhaltung zu fördern. Emotionale Unterstützung und zukunftsorientiertes Handeln ermöglichen es, die langen Phasen der Pandemie durchzustehen. Anlässlich des Internationalen Frauentags gibt es also zahlreiche Gründe, die Weitsicht und inklusive Kommunikation von Frauen zu feiern.
Über die AutorInnen Dr. Aline Burni und Frauke Domgörgen
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