Die Pandemie macht es deutlicher denn je: Bei globalen Krisen sitzen wir alle im selben Boot. Um schnell einen Impfstoff zu entwickeln, waren enorme Investitionen, Wissen, die Vernetzung globaler Wertschöpfungsketten und Infrastruktur sowie interdisziplinäre und transnationale Teams von Wissenschaftler*innen notwendig. Auch Herausforderungen wie den Klimawandel, Finanzkrisen oder Cyberkriminalität bewältigt kein Land im Alleingang. Die heutige Welt ist vernetzt, komplex und vielschichtig. Wissensnetzwerke sind ein Instrument, um gemeinsam Probleme zu definieren und Lösungen zu erarbeiten. Um dies leisten zu können, müssen sie interdisziplinär und transnational ausgerichtet sein sowie die einzelnen Bereiche der Welt als Ganzes betrachten. Das Managing Global Governance (MGG)-Netzwerk des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) ist ein Beispiel für solch ein Wissensnetzwerk. Es hat zum Ziel, nachhaltige Veränderungsprozesse auf sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Ebene voranzutreiben. Das Netzwerk dient dabei jungen Expert*innen aus verschiedenen Disziplinen und Ländern als Plattform, um an Lösungsansätzen zur langfristigen Steigerung des (globalen) Gemeinwohls zu arbeiten.

Wie kann das gelingen?

Die über zehnjährige Erfahrung des MGG-Netzwerks zeigt, dass es sich lohnt, in drei Dinge zu investieren: Vertrauen, eine gemeinsame Vision und Strukturen, die innovative Aktivitäten fördern.

Vertrauen ist der erste Grundpfeiler von Beziehungen, ohne die Netzwerke nicht funktionieren. Erfolgreiche Wissensnetzwerke bedürfen der stetigen Pflege von Beziehungen, um Vertrauen zu generieren und zu erhalten. Vertrauen erleichtert es, zusammenzuarbeiten und gemeinsam Probleme zu lösen. Entscheidungsprozesse werden effizienter, je höher das Vertrauen in die Netzwerkmitglieder, ihre Fähigkeiten und ihre Reputation aufgrund erfolgreicher Zusammenarbeit ist. Vertrauensvolle Kooperation stärkt Kreativität und Innovation. Anhand von greifbaren Konzepten wie Verlässlichkeit, Vorhersehbarkeit, Ehrlichkeit, Offenheit und persönlicher Nähe kann Vertrauen in der Praxis gesteigert werden. Vertrauensbildende Maßnahmen müssen ein Grundelement sämtlicher Netzwerkaktivitäten sein. Im MGG-Netzwerk wird immer Zeit für persönlichen Austausch eingeplant. Nur wenn ich meine Partner*innen kenne, kann ich ihnen auch vertrauen. Wichtig ist auch verlässliche, transparente und offene Kommunikation. Eine kontinuierliche Feedback- und Reflexionskultur stärkt das gegenseitige Vertrauen.

Eine gemeinsame Vision für das Netzwerk zu entwickeln, ist der zweite wichtige Grundpfeiler, um Potenzial für gesellschaftliche Transformation innerhalb eines Wissensnetzwerks zu entfalten. Eine solche Vision besteht aus geteilten Werten und Überzeugungen und setzt den Rahmen für die praktische Arbeit des Netzwerks. Nur wenn klar ist, „warum“ das Netzwerk „was“ erreichen will, kann auch detailliert am „wie“ gearbeitet werden. Besonders erfolgreich ist eine Netzwerk-Vision, wenn sie partizipativ im Netzwerk erarbeitet wird. Beispielsweise wurde im MGG-Netzwerk diskutiert: Was ist das Narrativ unseres Netzwerks, welche Werte machen uns aus? Welche Vision haben wir für die nächsten Jahre? Worin sind wir besonders gut? An welchen Punkten kann unsere Arbeit ansetzen, um besonders effektiv zu sein? Solch ein Prozess stärkt das Gemeinschaftsgefühl, definiert einen Rahmen für zukünftige Aktivitäten und beschreibt das grundlegende Ziel des Netzwerks. Auch wenn dies auf den ersten Blick aufwändig erscheint, wird ein Netzwerk langfristig davon profitieren.

Starke Netzwerke brauchen starke Strukturen. Besonders sinnvoll für Wissensnetzwerke, die gemeinwohlorientierte Transformation zum Ziel haben, ist es, Strukturen für Selbstorganisation zu etablieren. Selbstorganisation hat den Vorteil, dass die Projektentwicklung durch intrinsische Motivation der Netzwerkmitglieder vorangetrieben wird, da sie ihrer eigenen Leidenschaft folgen können. In großen heterogenen Netzwerken wie dem MGG-Netzwerk hat sich Selbstorganisation bewährt, um vielfältige Projekte voranzutreiben, ohne durch zentrale Steuerungsprozesse blockiert zu werden. Ermöglicht wird dies in Formaten wie den MGG Network Days, die den Raum und die Unterstützung bieten, um kreativ und in Gemeinschaft eigene Projekte zu entwickeln und diese im besten Fall selbstorganisiert weiter auszuführen. Auch virtuelle Kommunikationsplattformen sind ein sinnvolles Mittel, um eine selbstorganisierte Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Um globalen Herausforderungen effektiv, schnell und flexibel begegnen zu können, lohnt es sich, in starke Netzwerke zu investieren. Vertrauensvolle Beziehungen in Netzwerken ermöglichen schnelle Entscheidungen. Strukturen, die Selbstorganisation fördern, bringen Innovationen hervor. Eine gemeinsame Vision lässt alle an einem Strang ziehen. In durch MGG initiierten Aktivitäten wie z.B. neuen Ausbildungsformaten im öffentlichen Dienst zur Umsetzung der Agenda 2030 zeigt sich, wie eine solche Netzwerk-Kultur zu konkreten Veränderungen führen kann.

Über die Autorin Dr. Johanna Vogel