die kommende Bundesregierung muss aus ambitionierten Zielen eine erfolgreiche Ressourcen- und Klimapolitik machen und dabei alle Bürgerinnen und Bürger mitnehmen – so das Fazit des Zukunftsimpulses des Wuppertal Instituts zur Bundestagswahl 2021. Es zeigt, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Transformation in eine klimafreundliche und ressourcenleichte Zukunft jetzt konsequent einzuleiten.
„Die nächste Bundesregierung steht vor einer Jahrhundertaufgabe. Sie muss den geforderten Klimaschutz konkret umsetzen – und dabei vor allem auch auf soziale Gerechtigkeit und Möglichkeit zur Teilhabe achten“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts. „Es geht aber nicht nur um Klimaschutz, sondern das Denken in größeren Zusammenhängen und ein Adressieren aller relevanten Nachhaltigkeitsdimensionen“, ergänzt Prof. Fischedick.
Zur Bundestagswahl im September 2021 zeigen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Wuppertal Instituts entlang von sieben zentralen Transformationsarenen mit Blick auf alle Bereiche von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik die jetzt notwendigen Schritte auf.
Die Kernempfehlungen:
Für die Energiewende: Mindestens eine Verdopplung der Geschwindigkeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien, die intelligente Integration von flexibler Nachfrage und Speichern, der Ausbau der Infrastruktur für Wasserstoff und ein deutliches Vorziehen des Kohleausstiegs. Darüber hinaus für den Gebäudebereich ein Sofortprogramm für eine größere Sanierungstiefe und -rate für bestehende Gebäude und Klimaneutralität als Anforderung an den Neubau. Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer müssen zur Lösung des Vermieter-Mieter-Dilemmas an den CO2-Kosten anteilig beteiligt werden und staatliche Förderung muss helfen, die Kosten des Umbaus zu tragen.
Für die Ressourcenwende: Ein Übergang von der Einweg- zur ressourcenleichten und klimaneutralen zirkulären Materialwirtschaft durch klare Nachhaltigkeitsstandards, das Design von recyclingfähigen und ressourcenleichten Produkten und durch Digitalisierung einen Schub für ein besseres Management von Abfallströmen.
Für die Ernährungswende: Die konsequente Unterstützung einer nachhaltigen Außer-Haus-Verpflegung und des Einzelhandels sowie des Übergangs auf eine ökologische Agrarwirtschaft. Sensibilisierung für eine gesündere, klimaverträgliche, fleischärmere Ernährung, unter anderem durch Förderung von Fleisch-Ersatzprodukten.
Für die Urbane Wende: Städte und Gemeinden sind die Orte, an denen mehrere Wenden aufeinandertreffen: Der öffentliche Verkehr und Radwege – auch in Kleinstädten – müssen schnell und deutlich ausgebaut werden. Statt Flächen zu versiegeln sollten Grünflächen geschützt und die Mehrfachnutzung von Gebäuden erleichtert werden. Im Fokus eines schärferen Gebäudeenergiegesetzes sollten Bestandsgebäude Vorrang vor Neubauten haben.
Für die Verkehrswende: Für eine ökologische und sozial gerechte Verkehrswende müssen die Wege kürzer, der Umstieg auf Elektromobilität schneller umgesetzt und die Alternativen zum Auto und Lkw attraktiver werden. Den Zugang zu öffentlichen und privaten Mobilitätsangeboten muss die kommende Bundesregierung sozial gerecht für möglichst alle Menschen ermöglichen.
Für die Industrielle Wende: Industrie braucht Energie – versorgungssicher, konkurrenzfähig und erneuerbar. Dazu müssen Ökostrom und Power-to-X-Angebote ausgebaut, die dafür notwendigen Infrastrukturen geschaffen und die internationale Vernetzung vorangetrieben werden. Gleichzeitig muss die kommende Regierung den Unternehmen helfen, klimaverträgliche Prozesse und Verfahren unter globalen Wettbewerbsbedingungen umzusetzen und Märkte für grüne Produkte zu initiieren. Abgaben auf Primärmaterial und energieintensive Stoffe sind dafür ebenso eine sinnvolle Optionen wie Quoten und Standards – etwa im Rahmen der öffentlichen Beschaffung.
Für die Konsumwende: Die Bundesregierung sollte Experimentierräume für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster schaffen. Dafür sollte sie verstärkt Reallabore und Living Labs fördern und Verbraucherinnen und Verbraucher gezielt zu Umwelt- und Klimaauswirkungen informieren, beispielsweise durch die Einführung einer Produktkennzeichnungsstelle und eines digitalen Produktpasses.
100-Tage-Sofortprogramm für Klimaschutz
Mit der Anpassung des Klimaschutzgesetzes in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes von Ende April 2021 hat die Bundesregierung schnell reagiert. Um auf den Weg zum Klimaneutralitätsziel 2045 einzuschwenken, muss die kommende Regierung die Weichen in einem 100-Tage-Sofortprogramm stellen, fordert Fischedick. „Die nächste Legislaturperiode ist die entscheidende Zeit, um die 2020er Jahre zu einer Dekade der Umsetzung zu machen und den Klimaschutzpfad unumkehrbar zu betreten“, erklärt er.
Der Zukunftsimpuls des Wuppertal Instituts steht hier zum Download bereit.