Vom 31. Oktober bis zum 12. November 2021 findet in Glasgow die 26. UN-Klimakonferenz statt. Bei diesen Verhandlungen, die aufgrund der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben werden mussten, wird ein Schwerpunkt sein, das detaillierte Regelwerk zum Pariser Klimaabkommen zu vervollständigen. Dabei sollen unter anderem Vorgaben für die Nutzung marktbasierter Instrumente verabschiedet werden. Zugleich stellt die Konferenz eine wichtige Gelegenheit für die Vertragsstaaten dar, die Ambitionen ihrer Klimaschutz-Bemühungen zu verstärken. Das Wuppertal Institut beobachtet seit Beginn des UN-Klimaprozesses die laufenden Verhandlungen und analysiert kontinuierlich deren Ergebnisse. Während verschiedener Sideevents stellt es seine Forschung vor und diskutiert konkrete Wege für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens.
Wuppertal, 27. Oktober 2021: Unter dem Vorsitz Großbritanniens wird die 26. Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, kurz COP) der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) im schottischen Glasgow abgehalten. Die diesjährige Klimakonferenz findet unter herausfordernden Bedingungen statt: Nachdem die Konferenz Pandemie-bedingt um ein Jahr verschoben werden musste, sind die Erwartungen hoch, dass sie konkrete Beschlüsse und auch nachgebesserte Klimaschutzziele der Staaten hervorbringt. Im Lauf des Jahres hat eine weltweite Serie von Extremwetterereignissen einmal mehr die Dringlichkeit des Handelns unterstrichen. Zugleich stellt die Durchführung der Klimakonferenz in Zeiten der Pandemie auch eine organisatorische Herausforderung dar. So muss der gesundheitlichen Sicherheit der rund 25.000 Teilnehmenden Sorge getragen werden ohne hierdurch Vertreterinnen und Vertreter einzelner Staaten oder auch zivilgesellschaftliche Akteure von der Teilnahme auszuschließen. Denn die jährlich stattfindenden Klimakonferenzen sind eine wichtige Gelegenheit, die Dringlichkeit klimapolitischen Handelns zu betonen und die Umsetzung des Übereinkommens von Paris voranzutreiben.
Steigerung der Ambition im Klimaschutz
Mit Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens hat sich die internationale Gemeinschaft 2015 zum Ziel gesetzt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur seit Beginn der Industrialisierung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen und will die Erwärmung sogar auf unter 1,5 Grad Celsius begrenzen. Allerdings reichen die bisher gemachten Zusagen der Vertragsstaaten, die nationalen festgelegten Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) – nicht aus, um die 1,5-Grad-Obergrenze einzuhalten – wenngleich einige Staaten bereits neue oder überarbeitete Beiträge vorgelegt haben. Es bleibt abzuwarten, ob weitere nachgebesserte NDCs während der Klimakonferenz eingereicht werden. Neben nachgebesserten NDCs sollten jene Länder, die dies noch nicht getan haben, ihre Langfriststrategien für eine emissionsarme Entwicklung vorlegen. Von den Industriestaaten werden zudem weitergehende Zusagen für die Bereitstellung von Finanzmitteln erwartet, auf die insbesondere die ärmsten Länder bei der Verstärkung ihrer Klimaschutzanstrengungen angewiesen sind.
„Von Glasgow muss ein klares Signal für eine Steigerung der Ambitionen ausgehen und die Dekade der Umsetzung eingeleitet werden“, betont Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, und ergänzt: „Die Staaten müssen jetzt ihre Klimaschutzziele in Einklang mit der 1,5-Grad-Obergrenze bringen und die bestehende Ambitionslücke bis 2030 schließen. Das Übereinkommen von Paris macht Anpassungen möglich: Die Vertragsstaaten können jederzeit nachgebesserte NDCs an die UNFCCC übermitteln. Zugleich muss die Umsetzung der bereits beschlossenen Minderungspläne beschleunigt werden. Nur so bleibt die Einhaltung der 1,5-Grad-Obergrenze noch in Reichweite.“
Lücken im Regelwerk von Paris
Ein Schwerpunkt der Verhandlungen in Glasgow wird sein, das detaillierte Regelwerk zum Pariser Abkommen zu vervollständigen. Regeln zu den meisten Aspekten des Abkommens konnten bereits auf der Klimakonferenz im polnischen Katowice im Jahr 2018 verabschiedet werden. Offen geblieben ist allerdings die Ausgestaltung der Kooperationsmechanismen unter Artikel 6 des Abkommens. Diese Mechanismen sollen es den Staaten erlauben, bei der Umsetzung ihrer Beiträge zusammenzuarbeiten und Emissionsminderungen zu transferieren. Auch ein einheitlicher Zeitrahmen für die nationalen Klimaschutzbeiträge sowie Details, wie die Staaten, über deren Umsetzung innerhalb des neuen Transparenzrahmens berichten sollen, müssen noch vereinbart werden. Auf der letzten Klimakonferenz in Madrid im Jahr 2019 gelang es den Vertragsstaaten nicht, hier klare Regeln zu verabschieden. Da diese Vorgaben für die vollständige Umsetzung des Abkommens jedoch von großer Bedeutung sind, wird das Schließen dieser Lücken im Mittelpunkt der Verhandlungen von Glasgow stehen.
„Die Regeln der unter Artikel 6 des Pariser Abkommens angelegten Kooperationsmechanismen sind von entscheidender Bedeutung“, betont Wolfgang Obergassel, Co-Leiter des Forschungsbereichs Internationale Klimapolitik am Wuppertal Institut. „Die Vorgaben für Artikel 6 müssen sicherstellen, dass die Nutzung der Kooperationsmechanismen tatsächlich zu zusätzlichem Klimaschutz führt und zu einer Ambitionssteigerung beitragen kann“, sagt Obergassel. Eine reine Verschiebung von Minderungen von einem Land in ein anderes sei nicht ausreichend. Und auch mögliche Schlupflöcher, die die Umwelt-Integrität des Übereinkommens von Paris untergraben könnten, müssten geschlossen werden: „Die Doppelzählung von Emissionsminderungen muss vermieden werden. Durch Festlegung robuster Regeln kann verhindert werden, dass ein und dieselbe Minderung mehrmals angerechnet wird – einmal durch den Staat, in dem die konkreten Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden, und einmal durch den ausländischen Investor. Auch muss sichergestellt werden, dass nur Maßnahmen gefördert werden, die einen zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten und darüber hinaus positive ökologische und soziale Nachhaltigkeitsbeiträge liefern”, ergänzt der Wissenschaftler.
Das Wuppertal Institut setzt mit Sideevents wichtige Impulse
Das Wuppertal Institut führt auf der COP26 eine Reihe von Sideevents durch, um seine Forschungsarbeiten vorzustellen und Diskussionen mit Delegierten und Praxispartnern anzuregen. Die Sideevents reflektieren Themen, die in Glasgow verhandelt werden, wie die Ausgestaltung der Regeln zu den marktbasierten Instrumenten unter Artikel 6. Daneben steht im Fokus der Diskussionen, wie Klimaschutzmaßnahmen sozial gerecht ausgestaltet werden können und wie der Übergang in eine kohlenstofffreie Wirtschaft unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten gelingen kann.
Analyse der Konferenz-Ergebnisse
Das Wuppertal Institut veröffentlicht kurz nach Abschluss der Konferenz eine erste Bewertung der Ergebnisse. Ein ausführlicher Analysebericht folgt Anfang 2022. Weitere Informationen zur COP26 und den Sideevents sind in den nachfolgenden Links zu finden.
Weitere Informationen finden Sie hier.