Das Land Nordrhein-Westfalen hat in den letzten Jahren eine Struktur zur Prävention islamistischer Radikalisierung in Haft aufgebaut. Forscher:innen des BICC befragten zahlreiche Akteur:innen der Präventionsarbeit innerhalb und außerhalb des Justizwesens von NRW nach weiteren Herausforderungen und Bedarfen. Zu den Empfehlungen, die BICC Working Paper 5\2021 auf dieser Grundlage macht, gehört auch das Mandat der Präventionsbeauftragten auf den Rechtsextremismus auszuweiten.

In den Anstalten sind rechtsextreme sowie generell menschenfeindliche und demokratieskeptische Einstellungen heute von mindestens ebenso großer Bedeutung wie islamistische Radikalisierungstendenzen. „Viele Integrations- und Präventionsbeauftragte erweiterten in Reaktion darauf ihr Arbeitsfeld selbstständig und betreiben nun Prävention gegen jegliche Form von Extremismus“, betonen die Autor:innen von BICC Working Paper 5\2021 „Haftanstalten als Orte der Radikalisierungsprävention?“. Die Landesregierung sollte auf diese Entwicklung reagieren und das Mandat der Präventionsbeauftragten über den Islamismus hinaus auf sämtliche Formen von Extremismus und Menschenfeindlichkeit in Haft, insbesondere auch auf den Rechtsextremismus, ausweiten. Auch sollte das Land Stellen für Präventionsbeauftragte in allen Justizvollzuganstalten des Landes einrichten statt wie derzeit nur im Jugendvollzug. „Präventionsbeauftragte, deren Aufgaben nicht nur junge Menschen adressieren, könnten eine wichtige Arbeit an der Schnittstelle zwischen Sicherheit, Integration und Prävention leisten“, unterstreichen die BICC-Forscher:innen.

Justizvollzugsanstalt Düsseldorf. Photo: Frank Vincentz, GFDL (self made)

„Die Präventionsarbeit in den Justizvollzuganstalten wird umso wirksamer, desto breiter sie aufgestellt ist“, lautet ein weiteres Ergebnis der BICC-Studie. Dies umfasst nicht nur staatliche wie zivilgesellschaftliche Träger, sondern etwa auch eine islamische Religionsbetreuung. Zudem gilt es, die Bewährungshilfe bei der Präventionsarbeit mitzudenken. „Ihre stabilisierende und auf gesellschaftliche Integration zielende Arbeit trägt sowohl dazu bei, einem Rückfall in extremistische Szene- und Denkstrukturen vorzubeugen, als auch Radikalisierungsprozesse in der schwierigen Umbruchsituation nach der Haftentlassung zu verhindern“, schätzen die Autor:innen ein.

Im parallel zum BICC Working Paper erschienenen Politikpapier „Präventionsarbeit gegen Radikalisierung in den Haftanstalten NRWs stärken. Kapazitäten erhöhen, Mandate erweitern, zivilgesellschaftliche Träger fördern“ (BICC Policy Bief 5\2021) fassen die BICC-Wissenschaftler:innen Alina Neitzert, Maurice Döring, Tim Röing und Marc von Boemcken ihre Empfehlungen wie folgt zusammen:

Das Justizministerium NRW sollte
+ in allen Justizvollzugsanstalten des Landes Stellen für Präventionsbeauftragte schaffen
+ das Mandat der Präventionsbeauftragten über den Islamismus hinaus auf alle Formen von Extremismus erweitern
+ die islamische Religionsbetreuung in den Haftanstalten des Landes ausbauen.

Das Land NRW sollte bewährte zivilgesellschaftliche Modellprojekte der Radikalisierungsprävention im Haftkontext verstetigen und in Regelstrukturen überführen.

Erfahren Sie mehr im BICC Working Paper 5\2021 „Haftanstalten als Orte der Radikalisierungsprävention? Herausforderungen und Bedarfe der Präventionsarbeit in Justizvollzugsanstalten Nordrhein-Westfalens“ und im BICC Policy Bief 5\2021 „Präventionsarbeit gegen Radikalisierung in den Haftanstalten NRWs stärken. Kapazitäten erhöhen, Mandate erweitern, zivilgesellschaftliche Träger fördern“ sowie auf Seiten des BICC.