Prof. Harry Hoster hat im Oktober 2021 die wissenschaftliche Leitung des JRF-Instituts ZBT – Zentrum für Brennstoffzellentechnik übernommen. Das Institut hat seit langem in der Fachwelt eine hohe Reichweite. Doch die Thematik der Brennstoffzellentechnik ist ebenso von hoher gesellschaftlicher Relevanz: Denn damit einher geht die Frage nach erneuerbaren Energien als Alternative zu fossilen Energieträgern, beispielsweise in Form von Wasserstoff-Brennstoffzellen für Elektroautos. Im JRF-Interview erklärt Prof. Harry Hoster deren Funktionsprinzip und stellt die Aktivitäten des ZBT vor.

Prof. Harry Hoster, wissenschaftlicher Leiter des JRF-Instituts ZBT – Zentrum für Brennstoffzellentechnik

Zunächst: Nochmals herzlich Willkommen in der JRF! Wie haben Sie das erste halbe Jahr als neue wissenschaftliche Leitung des ZBT erlebt, gibt es neue Erfahrungen, die Ihnen besonders präsent sind?

Hoster: Ich kannte die JRF vorher nur vom Hörensagen und habe jetzt gesehen, dass es sehr viele Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Instituten gibt, die man noch stark ausbauen kann. Damit haben wir auch schon angefangen. Außerdem war es im letzten halben Jahr sehr schön, langsam aus dem Coronatunnel herauszukommen und sich mit den Menschen wieder in 3D zu treffen. Das hat die letzten Monate besonders ausgemacht.

Wasserstoff als umweltfreundliche Stromquelle gilt als einer der Hoffnungsträger für die Energiewende. Wasserstoff ist das im menschlichen Körper am häufigsten vorkommende chemische Element und ist gebunden in Form von Wasser im Alltag allgegenwärtig. Wie kann mithilfe der Brennstoffzelle aus Wasserstoff Strom gewonnen werden?

Hoster: Wasserstoff wird zunächst über Elektrolyse gewonnen. Das heißt, es gibt einen Plus- und einen Minuspol und zwei geeignete elektrische Leiter, sogenannte Elektroden. Diese werden in Wasser bzw. in leicht saure oder basische Lösung getaucht. Dabei entwickelt sich aus Wasser Wasserstoff und Sauerstoff, die sich an den Elektroden absetzen. Die Brennstoffzelle ist derselbe Prozess rückwärts und es entsteht Wasser und Stromfluss. Idealerweise würde dabei die gleiche Menge Energie, die zuvor zum Trennen von Wasserstoff und Sauerstoff benötigt wurde, wieder frei. Praktisch ist der Wirkungsgrad jedoch kleiner.

Trotz des einfachen Prinzips ist die Wasserstoff-Brennstoffzelle noch nicht überall kommerziell zu finden, worin liegen die Herausforderungen?

Hoster: Im Moment gibt es Brennstoffzellen tatsächlich nur in Nischenanwendungen und Kleinserien von Automobilherstellern. Es gibt sie also schon am Markt, aber noch nicht in der Anzahl, wie es Batterieautos gibt. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Großserien-Fertigungstechnik noch nicht ausgereift ist. Was also bei der Wasserstofftechnologie fehlt, ist das, was bei den Batterien das Stadium der Camcorder, Laptops und Smartphones war. Dass die Batterietechnologie an kleineren Geräten reifen konnte, die es schon am Massenmarkt gab. Das fehlt hier als Trainingsmarkt und man ist ein bisschen hinterher. Jetzt wird die Wasserstofftechnologie aber im großen Stil angegangen.

Auch angesichts des Kriegs in der Ukraine nimmt der Druck zu, in der Entwicklung schnell vorwärtszukommen und unabhängiger in der Energieversorgung zu werden. Wie macht sich dies bei Ihnen am ZBT bemerkbar, auch im Hinblick auf die Politik?

Hoster: Wir merken natürlich, dass die Politik ein noch größeres Interesse am Wasserstoff hat als vorher schon. Und man muss sagen, dass die ohnehin schon vorhandene Dringlichkeit durch den Klimawandel jetzt nochmal durch mögliche Versorgungsengpässe und zu großer Abhängigkeit von wenigen Energielieferanten verstärkt worden ist. Das kann aber auch positiv sein, da sich nun eine viel höhere Dynamik entwickelt, unser Energiesystem umzustellen.
Wir am ZBT haben hohe Förderungen vom Land und vom Bund erhalten, insbesondere für das große Wasserstofftechnologiezentrum in Duisburg Hüttenheim. Gleichzeitig haben wir eine erhöhte Grundförderung vom Land NRW bekommen, für die wir sehr dankbar sind. Das werden wir nutzen, um wissenschaftlich noch präsenter zu werden und um unter etwas gesunkenen Druck, ständig Anträge schreiben zu müssen, auch größere strategische Ziele angehen zu können.

Welche Ziele sind das im Konkreten?

Hoster: Konkret hinsichtlich technischer Prioritäten steht bei uns in jedem Fall der Ausbau der Elektrolyse, also der Wasserstoffherstellung wie vorhin genannt, an. Wir haben drei Abteilungen, die stark auf Brennstoffzellen fokussiert sind und bisher nur eine Abteilung, die sich um die Wasserstofferzeugung kümmert. Das werden wir ausbauen.
Wir haben außerdem angefangen, die Promotion am ZBT zu systematisieren. Wir möchten dafür sorgen, dass alle Promotionsinteressierten und zukünftig Promovierende sich stärker auf die Wissenschaft und auf Publikationen konzentrieren. Wir streben ein strukturiertes Promotionsprogramm an, ähnlich den Graduiertenkollegs an Universitäten. Das ist Grundlage dafür, bestimmte Themen strukturierter anzugehen und gleichzeitig die wissenschaftliche Sichtbarkeit in Form von Publikationen, die von den Promovierenden erwartet wird, zu erhöhen.

Das ZBT ist ebenfalls in der Entwicklung des neuen Technologie- und Innovationszentrum Wasserstoff (TIW) involviert. Was ist hier geplant und in welcher Form wird die Arbeit des ZBT hiermit ergänzt?

Hoster: Das ZBT spielt vor allem eine koordinierende Rolle als Antragsteller. Darüber hinaus werden wir einer von vielen Nutzern sein. Es wird vermutlich eine neue Gesellschaft gegründet werden, die das TIW betreibt. Wir werden helfen, die neue Struktur aufzubauen und das TIW später für all die Dinge nutzen, für die wir an unserem jetzigen Standort schlicht zu wenig Platz und zu geringe elektrische Anschlussleistung haben. Es wird aber nicht nur eine technische, sondern auch eine thematische Ergänzung sein, insbesondere für industrienahe Themen. Diese konkretisieren sich gerade. Momentan ist das noch ein typisches Henne-Ei-Problem: Solange es den Standort noch nicht gibt, stehen auch seitens der Industrie noch keine genauen Pläne fest. Sobald aber dann aber die ersten Firmen anfangen, ziehen Partner mit Vorhaben nach, die sie schon länger in der Schublade hatten und diese bisher nicht konkret angehen konnten.

Gibt es sonst etwas, das Sie an dieser Stelle gerne loswerden möchten?

Hoster: Im Duisburger Raum ist das Thema Transport und Logistik, insbesondere die Schnittstelle zur Wasserstraße, aber auch Schwertransport im Zusammenhang mit Wasserstoff sehr wichtig. Es hat vor kurzem eine wichtige Firmenansiedlung gegeben: Die Firma „Plug Power“ baut ihre Europazentrale in Duisburg auf. Das ist eine der größten amerikanischen Wasserstofffahrzeugfirmen für Logistikfahrzeuge. Ähnlich gibt es im Schifffahrtsbereich Bestrebungen, mehr auf Wasserstoff zu setzen. Hier werden wir aktiv Synergien suchen und nutzen. Eine erste Kooperation mit dem JRF-Institut DST gab es bereits. Die Wasserstofftechnologie kommt in der vollen industriellen Breite an, und dies spüren wir auch anhand der Menge und Art der eingehenden Anfragen und der daraus resultierenden Auslastung unserer Labore.
Außerdem, das betrifft ebenfalls den Bereich Kooperationen, ist uns eine stärkere Vernetzung mit der Universität Duisburg-Essen, zu der wir ja auch gehören, ein Anliegen. Hier muss noch mehr Austausch stattfinden, weil sich viel getan hat, während das ZBT gewachsen ist. Aber auch mit der Ruhr Universität Bochum, dem Fraunhofer UMSICHT, dem CEC Mülheim und den JRF-Instituten werden wir die Kooperation sicherlich noch ausbauen.

Das Interview wurde von Wiebke Schuppe (JRF) geführt.