Die internationalen militärischen Interventionen im Sahel haben bislang nicht zur Verbesserung der Konfliktlage in der Region beigetragen. Gleichzeitig sind dort von regionalen Regierungen unterstützte Milizen im Kampf gegen islamistische Bewegungen aktiv. Das Paper Today’s solution, tomorrow’s problem? An analysis of West African practices in the use of pro-government militias untersucht, wie sich der Einsatz dieser Gruppen auf die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung auswirkt. Es ist das erste der SAD-Nexus Papers (Security-Armament-Development), die das BICC gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) jährlich herausgibt.

Die Autorin des Papers Fiona Wilshusen verweist auf ein gefährliches Dilemma, das regierungsnahe Milizen (pro-government militias, PGM) erzeugen: „Kurzfristig können regierungsnahe Milizen unter bestimmten Umständen zur Gewährleistung lokaler Sicherheit beitragen. Wenn sie jedoch – wie etwa in Mali – ihre eigene Agenda entwickeln, die Menschenrechte, Sicherheit und Entwicklung gefährdet, können sie langfristig zu Friedensverhinderern werden.“ Insbesondere der illegale Transfer von Waffen und Material heize die Gewalt in der Region weiter an.

Ausnahmen bilden hingegen solche regierungsnahen Milizen, die – wie beispielsweise in Kamerun – defensiv ausgerichtet und überwiegend unbewaffnet sind. „Wenn diese Gruppen in den Gemeinschaften, die sie schützen sollen, sozial eingebettet sind und von lokalen Behörden kontrolliert werden, tragen sie zu einem Rückgang der Gewalt gegen Zivilist:innen bei“, erläutert die Forscherin Fiona Wilshusen.

Die Autorin hebt auch die Herausforderungen für die deutsche Entwicklungspolitik hervor, die das Auftreten regierungsnaher, bewaffneter Milizen insbesondere in (Post-) Konfliktsituationen hervorruft: „Da viele dieser Gruppen über das Ende eines bewaffneten Konflikts hinaus bestehen, müssen sie auch in Wiederaufbauprozessen – insbesondere bei Programmen zur Demobilisierung, Entwaffnung und Wiedereingliederung und bei Reformen des Sicherheitssektors – berücksichtigt werden, um nachhaltigen Frieden und Entwicklung zu ermöglichen.“

Auch die deutsche und europäische Rüstungsexportpolitik sollte das Wirken regierungsnaher, bewaffneter Milizen berücksichtigen. Burkina Faso, Mali, und Nigeria arbeiten nicht nur mit diesen Gruppen zusammen, sondern haben ihnen (vermutlich) auch Waffen geliefert. Diese Länder sind wie auch Niger wichtige Partner der deutschen Ertüchtigungsinitiative und können zudem über die Europäische Friedensfazilität (EPF) militärische Waffen und Ausrüstung erhalten. „Dies unterstreicht die Notwendigkeit strenger Waffenexportbeschränkungen oder nachträglicher Post-Shipment Kontrollen auf europäischer Ebene“, fasst die Autorin zusammen.

Sie finden den Volltext der englischsprachigen Publikation hier.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderte Projekts „Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte“ (http://www.ruestungsexport.info) stellt das BICC umfangreiche Informationen zur Verfügung und will zu einer fundierten Bewertung der deutschen Rüstungsexporte beitragen. Die SAD-Nexus Papers ergänzen die bestehenden Formate der Länderberichte und des Globalen Militarisierungsindex (https://gmi.bicc.de/#rank@2020). Sie erscheinen jährlich und basieren überwiegend auf Feldforschung.

Weitere Informationen auf Seiten des JRF-Instituts BICC.