Das Energiesystem muss auf den Hochlauf der Elektromobilität gut vorbereitet sein. Ein neuer EWI-Index zeigt, welche europäischen Länder für die Elektrifizierung des Verkehrssektors den größten Aufholbedarf haben.

Das norwegische Energiesystem ist besonders gut auf den Hochlauf der Elektromobilität vorbereitet. Deutschland hingegen hat noch Nachholbedarf, insbesondere beim Schaffen von Anreizen für flexibles Laden. Das zeigt ein neuer Index des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln, der „EWI EV Preparedness Index 2021“. Die Analyse erfolgte im Auftrag der Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln e.V.

Der Anteil der Elektrofahrzeuge am europäischen Autoverkehr steigt seit Jahren und liegt heute bei ca. 1,5 Prozent. In den kommenden Jahren soll Elektromobilität aber noch deutlich wichtiger werden: Im Jahr 2030 sollen nach Zielen der EU-Kommission 30 Millionen elektrische PKW in der EU unterwegs und drei Millionen Ladepunkte errichtet sein. Dies stellt insbesondere die Stromnetze vor enorme Herausforderungen.

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Eine systematische Analyse entlang dreier Dimensionen

Nun haben die EWI-Forscher Konstantin Gruber, Philipp Kienscherf und Dr. Philip Schnaars untersucht, wie gut die Länder entlang der Dimensionen Stromerzeugung, Lade- und Netzinfrastruktur sowie Bedingungen für flexibles Laden auf den Hochlauf der Elektromobilität vorbereitet sind. Anhand von acht Indikatoren hat das Team systematisch die Voraussetzungen in 18 europäischen Ländern bewertet und daraus den „EV Preparedness Index“ entwickelt.

Die erste Dimension analysiert die Robustheit der Stromerzeugung sowie die Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie. In Ländern mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien (zum Beispiel Schweiz, Österreich und Norwegen) ist der CO₂-Fußabdruck der E-Mobilität geringer. Zudem sind Länder mit einem hohen Anteil gesicherter Leistung besser auf den Hochlauf der Elektromobilität vorbereitet.
Anhand der zweiten Dimension wird die Ladeinfrastruktur für Elektro-PKW sowie die Verlässlichkeit des Stromnetzes beurteilt. Nicht in allen untersuchten Ländern hält der Ausbau der Ladepunkte mit den Hochlaufzielen der Elektromobilität mit (zum Beispiel Polen, Irland). Länder mit weniger Unterbrechungen der Stromversorgung sind besser vorbereitet, etwa Deutschland, Frankreich, die Schweiz und Finnland.

Die dritte Dimension des Index untersucht die regulatorischen und technischen Voraussetzungen für flexibles Laden der Elektro-PKW. Dafür ist eine flächendeckende Verbreitung von intelligenten Stromzählern notwendig. „Neben den technischen Voraussetzungen sind auch ökonomische Anreize für flexibles Laden wichtig“, sagt Dr. Philip Schnaars. „Insbesondere sollten die Kosten des Ladens in erster Linie durch Strombeschaffungs- und Netzkosten bestimmt werden, um Anreize für flexibles Laden zu setzen.“

Länder mit hohem EE-Anteil im Vorteil

Die Länder mit dem höchsten „EV Preparedness Score“ sind Norwegen, Schweden und die Schweiz. Die führenden Länder verfügen über einen starken Sektor für erneuerbare Energien, insbesondere auch über steuerbare Wasserkraft. Den größten Aufholbedarf verzeichnen Polen, Ungarn und Irland. Der Hauptgrund für das schlechte Abschneiden ist ein sehr CO₂-intensiver Stromsektor, der die Vorteile des Elektroautos schmälert (vor allem in Polen), sowie die geringe Abdeckung mit Ladestationen und die schlechte Netzqualität.

Die vollständige Analyse finden Sie hier.