Herausforderungen im Bereich der Stadtentwässerung, wie der fortschreitenden Klimawandel, Urbanisierung und Dekarbonisierung sowie eine alternde Infrastruktur und eine wachsende Anzahl nachweisbarer Umweltschadstoffe, gilt es in Europa gemeinsam zu meistern. Aus diesem Grund arbeitet das IKT bereits seit einem Jahr mit sechs weiteren namhaften europäischen Wasser-Forschungslaboren aus Spanien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz in dem europäischen Forschungsvorhaben „Co-UDlabs – Collobarative Urban Drainage research labs“ zusammen. Übergeordnetes Ziel des Projektes ist es, Zukunftsfragen der Stadtentwässerung gemeinsam zu bearbeiten, europäische Laborstandards zu entwickeln und den Akteuren der Wasserwirtschaft den Zugang zu den Forschungseinrichtungen zu erleichtern.

Arbeitstreffen des Forschungskonsortiums an der Universität A Coruña

Eine intensive Arbeitswoche an der spanischen Universität A Coruña liegt hinter den Teilnehmenden. Ein Ende der Corona-Einschränkungen in Europa machte es nun endlich möglich, sich persönlich kennenzulernen und fachlich auszutauschen.

Auf dem Treffen Ende Juni wurden von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zunächst ganz konkrete nationale Fragestellungen präsentiert, im „Labornetzwerk“ gespiegelt und somit auf europäischer Ebene diskutiert. Auf der Agenda standen u. a. Themen wie „Laboruntersuchungen für wasserdurchlässige Flächenbeläge“ und „Gesundheitsrisiken infolge Hochwasserereignisse“, „Messtechnische Überwachung von Entwässerungsanlagen“. Herr Marcel Goerke, M. Sc. (IKT) präsentierte in einem Vortrag die Pläne für eine neue Starkregen-Prüfanlage am Standort des IKT in Gelsenkirchen. Eine Besichtigung der Versuchsstände an der Universität A Coruña stand natürlich auch auf dem Programm.

Das Forschungsvorhaben hat insgesamt eine Laufzeit von vier Jahren. Die Arbeitswoche in A Coruña diente daher auch dazu, nach Ablauf des ersten Jahres den Projektfortschritt zu überprüfen, die Arbeitspläne zu aktualisieren und insbesondere auch die weitere Vorgehensweise und die Meilensteine abzustimmen. So wurde u. a. auch das Arbeitspaket „Transnational Access“ diskutiert. In diesem Arbeitspaket wird weiteren Akteuren aus der Wissenschaft und Industrie für ein bestimmtes Zeitfenster länderübergreifend der Zugang zu den 17 Labor-Versuchseinrichtungen des Projektkonsortiums ermöglicht, um neue technische Lösungen zu erforschen und zu erproben.

Ein erster Aufruf für Projektvorschläge Ende letzten Jahres und ein damit verbundener Bewerbungs- und Bewertungsprozess führte dazu, dass im Ergebnis insgesamt 13 Nutzergruppen aus Wissenschaft und Forschung aus 10 Ländern Zugang zu den Versuchseinrichtungen erhalten. Auf diese Weise sind auch Universitäten, Unternehmen und Verbände aus anderen Ländern, wie Belgien, Griechenland, Kanada, Kolumbien und Tschechien, in das Forschungsvorhaben Co-UDlabs eingebunden.

Das IKT stellt den IKT-Großversuchsstand für gleich zwei Projekte dieser Art zur Verfügung. Die Projektvorschläge von Stichting RIONED – dem niederländischen Dachverband für die Siedlungswasserwirtschaft – und VLARIO – dem Dachverband für die Kanalnetzbetreiber aus der Region Flandern in Belgien – wurden von einem externen Gutachtergremium ausgewählt. Beide Projekte zielen auf die Problematik des Betriebes von Abwasserdruckleitungen ab:

  • Assessment of Inspection tools for Rising Mains (Bewertung von Inspektionstechniken für Abwasserdruckleitungen):

Um das Risiko eines Ausfalls von Abwasserdruckleitungen zu minimieren, sind regelmäßige Zustandsbewertungen erforderlich. Eine herkömmliche Zustandsbewertung mittels Kamera oder Dichtheitsprüfungen wie bei Freispiegelleitungen ist aufgrund bestimmter Randbedingungen kaum möglich. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren einige vielversprechende Inspektionstechniken (weiter-)entwickelt. Ziel des Vorhabens von Stichting RIONED ist es, ausgewählte innovative Inspektionsverfahren im einem Versuchsaufbau auf ihre Leistungsfähigkeit und Anwendungsgrenzen zu untersuchen.

  • Investigation of the rehabilitated waste water pressure pipes in response to pressure surges in operation (Untersuchung von sanierten Abwasserdruckleitungen mit Blick auf das Druckstoßverhalten im Betrieb):

Druckstöße und Schwankungen in Abwasserdruckleitungen können durch den Betrieb der Pumpen verursacht werden und zu Schäden an der Leitung führen. Bei der grabenlosen Sanierung von Druckrohrleitungen mittels Relining stellt sich die grundsätzliche Frage, wie sich die Rohr-Liner Kombination unter Druckstoßbelastungen verhält und inwieweit sie diesen standhält. Derzeitige wissenschaftliche Untersuchungen zielen auf das Grundrohr und die Situation einer unbeschädigten Abwasserdruckleitung ab, nicht aber auf eine sanierte Leitung. Im Rahmen des hier beschriebenen Projektes von VLARIO sollen die aktuellen Berechnungsansätze mit Hilfe von Versuchen überprüft und ggf. entsprechend angepasst werden.

Ein bereits vorhandener Versuchsaufbau aus Abwasserdruckleitungen im Großversuchsstand des IKT wird für beide Projekte modifiziert. Die Planungen und Vorbereitungen laufen derzeit auf Hochtouren.

Ein weiterer Aufruf für Projektvorschläge des grenzübergreifenden Zugangs zu den Forschungseinrichtungen ist für Oktober 2023 geplant (siehe hier). In diesem Fall wird der Hydraulik-Teststand des IKT zur Verfügung gestellt, mit dem u. a. dezentrale Niederschlagswasserbehandlungsanlagen, Dränagekörper, Straßeneinläufe und sickerfähige Flächenbeläge auf Leistungsfähigkeit überprüft werden können.

Das Projekt Co-UDlabs wird aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union unter der Fördervereinbarung Nr. 101008626 gefördert.

Weitere Informationen unter https://co-udlabs.eu/ und auf Seiten des JRF-Instituts IKT.

Ansprechpartner:

Dipl.-Ing. Thomas Brüggemann, Tel.: 0209 17806-18, [email protected]
Marcel Goerke, Tel.: 0209 17806-34, [email protected]