Was haben die Weltmetropolen London und Brüssel mit dem westfälischen Dortmund gemeinsam? Mit Blick auf die Integration von Zugewanderten einiges, wie eine Gruppe internationaler Gäste des ILS (Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung) Anfang November feststellen konnte.

Denn genau so, wie die Nordstadt meist die erste Anlaufstelle für Migrant*innen in Dortmund ist, finden sich solche sogenannten „Ankunftsquartiere“ auch in der britischen und belgischen Hauptstadt. Diese Nachbarschaften müssen eine Vielzahl an Funktionen für Menschen mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen und Bedürfnissen erfüllen – und das unter herausfordernden Bedingungen, wie prekäre Lebenssituationen, sprachliche Barrieren oder kulturelle Differenzen. Diese Unterstützungsinfrastrukturen für unterschiedliche Gruppen Neuzugewanderter untersucht das Forschungsprojekt AIMEC (Arrival Infrastructures and Migrant Newcomers in European Cities (dt. Ankunftsinfrastrukturen für Neuzugewanderte in europäischen Städten; Projektleitung Prof. Susanne Wessendorf, Coventry University) anhand der Fallstudien London, Brüssel und Dortmund.

Anfang November kam eine interdisziplinäre Gruppe deutscher, belgischer und britischer Forschender sowie Menschen aus der Praxis zusammen, um die Dortmunder Nordstadt kennenzulernen und sich zu den Stärken und Herausforderungen dieser Ankunftsquartiere auszutauschen. Bei einem Rundgang durch die Nordstadt konnten die internationalen Gäste aus Wissenschaft und Praxis verschiedene Einrichtungen kennenlernen. Die Gruppe besuchte unter anderem Raum vor Ort, Train of Hope, Willkommen Europa, Grünbau, die Nordmarkt Grundschule und die Münsterstraße mit ihrer Vielzahl an Unterstützungsstrukturen in Läden, Cafés und Co. Die Besucher*innen aus Brüssel und London waren begeistert von dem dichten Geflecht aus Organisationen in der Nordstadt – besonders davon, wie gut die verschiedenen Anlaufstellen und Akteur*innen untereinander vernetzt sind. Deutlich wurde: Trotz knapper finanzieller Ressourcen wird von den unterschiedlichen Trägern und auch Bewohner*innen viel bewegt.

Am zweiten Tag lud das ILS zu einem Praxisworkshop ins Dietrich-Keuning-Haus ein, bei welchem der Austausch der Praktiker*innen im Fokus stand. So stellten die Fachleute aus dem Bereich „Schule und Bildung“ fest, dass in allen drei Städten den Bildungseinrichtungen eine zentrale Anker-Funktion in der Nachbarschaft zukommt. Auch unter dem Titel „Prekäre Ankunftssituationen“ und „Mediation und Zugänglichkeit“ wurden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. Eine besondere Parallele konnte bei der wichtigen Rolle so genannter „Mediator*innen“ gezogen werden. Diese vermitteln an allen drei Standorten – mal mehr, mal weniger formalisiert – zwischen Neuzugezogenen und Institutionen.

Trotz unterschiedlicher Ausgangslagen (Gesetze, Infrastruktur, Finanzen) gibt es viel voneinander zu lernen: „Zuwanderung und wachsende Diversität sollte nicht als Herausforderung betrachtet werden, sondern als Bereicherung. Ankunftsquartiere und die hier lebenden und aktiven Menschen leisten stadtweit einen zentralen integrationspolitischen Beitrag“, resümierte die Projektleiterin des Dortmunder Teams, Heike Hanhörster (ILS), den Praxisworkshop. Der internationale Austausch wird im kommenden Jahr fortgeführt.

Abschließend fanden sich noch die Wissenschaftler*innen des ILS, der Coventry University und der KU Leuven zusammen, um die Erkenntnisse der Nordstadt-Tour und des Praxisworkshops sowie die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Das Interesse der Praxispartner*innen an weiteren Austauschgelegenheiten war groß. Das zeigt nicht nur, wie sehr alle Beteiligten von den direkten Diskussionen profitieren, sondern auch, wie wichtig Forschung für ein besseres Verständnis und einen weiteren Ausbau von Ankunftsinfrastrukturen ist.

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