Zur Abdichtung von Rührwerken oder Förderschnecken in der Lebensmittelindustrie werden Gleitringe aus Stahl eingesetzt, die mit Chrom- oder Aluminiumoxid verschleißfest beschichtet werden. Um die unvermeidlichen winzigen Poren dieser Beschichtungen besser vor unerwünschten Bakterien zu schützen, hat das RIF Institut für Forschung und Transfer e.V., Dortmund, im Rahmen eines im September 2022 abgeschlossenen Forschungsprojekts eine neue antibakterielle Dotierung dieser Beschichtungen entwickelt. Dabei wird lebensmitteltechnisch unbedenkliches Wolframoxid nach Aufbereitung mit einem herkömmlichen Plasmaspritzverfahren in die Beschichtung eingebracht. Das Projekt konnte nachweisen, dass die Beschichtung gegen typische Bakterien wirkt ohne die Qualität der Dichtungen zu beeinträchtigen. Das innovative System konnte vom Industriepartner Rybak + Hofmann rhv-Technik GmbH bereits am Markt platziert werden. Es eignet sich vor allem für Anwendungen, bei denen aufwändige Reinigungsprozeduren kostspielige Stillstandszeiten verursachen.

Atmosphärische Plasmaspritzanlage (APS) zur Aufbringung der Beschichtung Foto: RIF/Jonas Zajaczkowski

Für die besonderen Anforderungen der Lebensmittelindustrie kombinierten die RIF-Forscher Erkenntnisse vom Lehrstuhl für Biomaterialien und Polymerwissenschaften der TU Dortmund mit den eigenen langjährigen Erfahrungen in der Plasmaspritz-Technologie. Im Rahmen des Programms Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) hatten die RIF-Experten auf den Impuls des Industriepartners hin ganz gezielt nach Möglichkeiten zur antimikrobiellen Beschichtung der Gleitringe gesucht.

„Die Auswahl an Stoffen, die in der Lebensmittelindustrie überhaupt eingesetzt werden dürfen, ist gering. Zusätzlich mussten wir sicherstellen, dass eine hohe Verschleißfestigkeit dieser sehr belasteten Bauteile gewährleistet bleibt“, beschreibt Jonas Frederik Zajaczkowski, wissenschaftlicher Mitarbeiter am RIF, die Herausforderung.

Als antimikrobiell wirksam und lebensmitteltechnisch unbedenkliche Stoffe kamen zunächst Wolframoxid (WO3) und Silber (Ag) in Betracht. Mit dem Nachweis am Lehrstuhl für Biomaterialien und Polymerwissenschaften der TU Dortmund, dass WO3 zwei typische Standardkeime, Colibakterien und Staphylokkokus Aureus, signifikant reduziert, fokussierte sich RIF aus Kostengründen auf dieses Additiv.

„Die Keramikbeschichtungen werden in einem thermischen Spritzprozess aufgebracht. Dazu müssen alle Werkstoffe in einem Plasma aufgeschmolzen werden. Da Wolframoxid jedoch sehr schnell bei höheren Temperaturen verdampft, mussten wir ein geeignetes Verfahren und die passende Injektion für die Dotierung entwickeln“, so Zajaczkowski.

Mit einer entsprechenden Aufbereitung des Wolframoxidpulvers durch Einbringung von Rheologieadditiven, also Zusätzen, die das Fließverhalten beeinflussen, konnte das RIF-Team ein bereits bestehendes Steuerungssystem einer Atmosphärischen Plasmaspritzanlage (APS) erfolgreich nutzen. Das Ergebnis, ausgeführt mit Aluminiumdioxid als Keramikbasis, überzeugte alle Beteiligten: Die mit Wolframoxid dotierten Werkstücke erwiesen sich als genauso verschleißfest und weiterbearbeitbar wie herkömmliche Beschichtungen ohne den antimikrobiellen Zusatzstoff. Zudem konnten die antimikrobiellen Eigenschaften gegen die beiden Standardkeime im zweimonatigen Langzeittest ohne Leistungsabfall gemessen und bestätigt werden.

„Das Projekt Antimik DoWo ist ein gutes Beispiel für anwendungsnahe Forschung am RIF. Der beteiligte Industriepartner hat bereits damit begonnen, die gefundene Lösung am Markt zu platzieren. Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit der TU Dortmund und dem Industriepartner einen sehr praktikablen, anwendungsnahen Lösungsweg für dieses spezielle Problem der Lebensmittelindustrie finden konnten“, sagt RIF-Vorstand Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.Ing. Wolfgang Tillmann.

Weitere Informationen auf Seiten des JRF-Instituts RIF.