Vor Ort härtende Schlauchlining‐Verfahren werden in Europa seit mehr als 45 Jahren bei der Sanierung von Abwasserkanälen und ‐leitungen eingesetzt und haben sich mittlerweile weltweit als das am häufigste angewandte Renovierungsverfahren am Markt etabliert. Vor dem Hintergrund der alternden Kanalnetze und des wachsenden Investitionsbedarfes ist davon auszugehen, dass diesem Renovierungsverfahren auch zukünftig eine hohe Bedeutung zukommen wird. Schätzungen gehen davon aus, dass allein in Nordrhein‐Westfalen ca. 20.000 km der 98.616 km langen öffentlichen Abwasserkanäle kurz‐ bis mittelfristig sanierungsbedürftig sind.

Großversuchsstand des IKT

Leitungsstränge im Großversuchsstand

Mit Blick auf einen möglichst effizienten Einsatz finanzieller Mittel der Kommunen bekommt die Qualitätssicherung bei der Kanalsanierung eine große Bedeutung. Angesichts begrenzter Budgets sollten die Abwassergebühren der Bürger im Sinne eines größtmöglichen Nutzens für die Allgemeinheit sinnvoll und gezielt eingesetzt werden.

Beim Schlauchlining-Verfahren wird ein in Kunstharz getränkter Kunststoffschlauch in das Altrohr eingezogen und anschließend mit Hilfe von Luft- oder Wasserdruck aufgestellt. Der Aushärteprozess wird mit Hilfe von Wärme oder UV-Licht unterstützt. Die Qualitätssicherung ist besonders wichtig, denn der Liner entsteht erst vor Ort auf der Baustelle unter teils schwer kontrollierbaren Randbedingungen. Welche Schlauchliner besonders gut geeignet sind, lässt sich daher leider kaum aus der Sanierungspraxis ableiten. Die Bedingungen auf den Baustellen sind so unterschiedlich, dass sich kaum gültige Vergleiche anstellen lassen. Anders sieht es bei dem aktuellen Forschungsprojekt „Schlauchliner – Vergleichende Prüfung der Qualität von Schlauchlining-Verfahren für Hauptkanäle“ des IKT aus. Im IKT-Großversuchsstand können Schlauchliner verschiedener Anbieter unter gleichen, kontrollierten, reproduzierbaren Bedingungen eingebaut und vergleichend untersucht werden. Nur der Faktor Mensch lässt sich lediglich minimieren, aber nicht ganz ausschalten. Den Herstellern beziehungsweise ausführenden Unternehmen steht es allerdings offen, ihre besten, erfahrensten Leute zu schicken.

Auch bei der Stadtentwässerung Düsseldorf greift man bei der Kanalsanierung auf das Schlauchlining-Verfahren zurück. Diese grabenlose Sanierungstechnik kommt insbesondere dort zum Einsatz, wo eine Reparatur bzw. Erneuerung der Abwasserkanäle in offener Bauweise aufgrund dichter Bebauung nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Aus diesem Grund war das Interesse bei der Stadtentwässerung Düsseldorf besonders groß, dieses Projekt zu unterstützen. Das Forschungsvorhaben wird vom Land NRW gefördert und von einer Gruppe von 12 Abwasserbetrieben aus NRW unter Federführung der Stadtentwässerung Düsseldorf begleitet.

Lenkungskreis-Mitglieder kommunaler Abwasserbetriebe im Einsatz: Regelmäßig informieren sich die Teilnehmer über Fortschritt des Warentests

Rohr in Rohr, ein mittels Schlauchlining-Verfahren saniertes Abwasserrohr

Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes sind vergleichende Untersuchungen an eingebauten Schlauchlinern von unterschiedlichen Herstellern und Verfahrensanbietern, bei denen die Eigenschaften des Gesamtsystems – auch unter Berücksichtigung des Langzeit‐Betriebsverhalten – im Vordergrund stehen. Hierfür werden eigens Prüfstrecken im Labor errichtet, bestehend aus Abwasserrohren mit entsprechenden Schadensbildern. Auch der Großversuchstand des IKT kommt hierbei zum Einsatz, eine 6 x 6 x 18 Meter große Versuchsanlage, in der Baustellensituationen im Maßstab 1:1 nachempfunden und das Rohr-Boden-System und Grundwasser simuliert werden können. Die mittels Schlauchliner sanierten Rohre der Prüfstrecken werden hier auf das Belastungsbild des Außenwasserdrucks infolge Grundwasser getestet. Darüber hinaus soll ein Prüfprogramm für eine Strangprüfung am System Liner-Altrohr entwickelt werden, welches die derzeitigen Prüfkonzepte ergänzt und bei der die Systemleistung im Vordergrund steht.

Das Vorhaben ist aufgrund seiner Exzelllenz bereits im Vorfeld auch international auf großes Interesse gestoßen. Aus diesem Grund wurde auf Initiative des IKT ein Partnerprojekt mit neun britischen und einem irischen Kanalnetzbetreiber gestartet. Die am Partnerprojekt beteiligten Netzbetreiber erhalten Einblick in das nationale Hauptprojekt und können in Abstimmung mit dem Lenkungskreis und Fördermittelgeber des Hauptprojektes weitere Forschungsfragen mit einbringen, die dann im Rahmen des Partnerprojektes bearbeitet werden. So stellt das IKT für die britischen und irischen Netzbetreiber bezüglich der Schlauchlinersanierung Schulungsinhalte zur Qualitätssicherung zusammen und führt eine Recherche zur Markt- und Regelwerksituation im englisch-sprachigen Raum durch. In diesem Zusammenhang werden auch wichtige Aspekte hinsichtlich des CO2-Fußabdruckes des Sanierungsverfahrens analysiert und internationale Standards zur statischen Dimensionierung von Schlauchlinern verglichen.

Weitere Partnerprojekte zum Thema „Schlauchliner – Vergleichende Prüfung der Qualität von Schlauchlining-Verfahren für Hauptkanäle“ sind in Planung. Das IKT steht diesbezüglich derzeit im engen Kontakt mit australischen und belgischen Kanalnetzbetreibern.

Am Ende des Hauptprojektes stehen verlässliche, neutrale und unabhängige Informationen zu System‐ Eigenschaften und Qualität der untersuchten Schlauchliner zur Verfügung. Die Stärken und Schwächen der Verfahren sollen gegenübergestellt werden, auch mit Blick auf die Anwenderfreundlichkeit, da ins‐ besondere auch die Ausführung auf der Baustelle vor Ort einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Sanierung hat. Übergeordnetes Ziel ist es, mit den Ergebnissen aus dem Vorhaben die Investitionsrisiken und Folgekosten für die Netzbetreiber zu minimieren sowie einen Innovations‐ und Qualitätsschub bei den Herstellern und Verfahrensanbietern anzustoßen.

 

IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH
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