Der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes fordert 65 Prozent erneuerbare Energien für den Betrieb neuer Heizungen. Dies würde zu einem Hochlauf von Wärmepumpen und Wärmenetzen führen. Die Voraussetzungen dafür sind noch nicht vollständig gegeben.
Köln, 13. Juni 2023 | Mit dem Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sollen die Klimaziele im Gebäudesektor erreicht und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen reduziert werden. Dafür wären ein ambitionierter Hochlauf von Wärmepumpen auf bis zu 6,3 Millionen im Jahr 2030, ein Anstieg der Gebäudesanierungsrate auf bis zu 1,6 Prozent und eine Beschleunigung des Wärmenetzausbaus auf bis zu 2,2 Millionen Anschlüsse nötig.
In der Analyse „Auswirkungen des Gebäudeenergiegesetzes auf Wohngebäude“ hat ein Team des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) in drei Szenarien untersucht, wie sich der Gebäudesektor bis zum Jahr 2030 entwickeln könnte, wenn der Regierungsentwurf der Änderung des GEG vom 19. April 2023 umgesetzt würde. Analysiert werden der Bestand an Heizungen, die Rate der Sanierung und die Emissionen von Treibhausgasen im Wohngebäudebestand. Im zweiten Teil der Analyse werden kritische Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung des GEG-Entwurfs untersucht. Die Entwicklungen in den Szenarien würden beispielsweise zusätzliche Handwerkskapazitäten, höhere Investitionen von Haushalten und eine zügige Planung und Umsetzung neuer Wärmenetzvorhaben erfordern. Die Analyse wurde gefördert durch die „Förderinitiative Wärmewende“ der Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln e.V.
GEG-Entwurf würde Hochlauf von Wärmepumpen und Wärmenetzen begünstigen
Die EWI-Analyse untersucht, wie der GEG-Entwurf die Investitionen in Wohngebäuden beeinflussen könnte. Im Entwurf sind unmittelbare Erfüllungsoptionen (z.B. Wärmepumpen und Biomasse) und mittelbare (z.B. Wärmenetze und wasserstofffähige Gasheizungen) vorgesehen: Wer sich ab dem Jahr 2024 eine neue Heizung installieren möchte, welche die 65-Prozent-Klausel nicht unmittelbar erfüllt, benötigt eine Garantie des Gasverteil- bzw. Wärmenetzbetreibers, dass das Heizungssystem bis zum Jahr 2035 mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff betrieben oder ein Wärmenetzanschluss bereitgestellt wird.
„In allen betrachteten Szenarien steigt der Anteil der Wärmepumpen stark an und die Bedeutung von Wärmenetzen nimmt zu“, sagt Philipp Theile, Senior Research Associate am EWI. Im ersten Szenario übernehmen Netzbetreiber zusätzliche Garantien für die zukünftige Versorgung von neuen Gasheizungen mit Wasserstoff. Im zweiten Szenario werden einerseits mehr Wohngebäude an bestehende Wärmenetze angeschlossen und andererseits vermehrt neue Wärmenetze aufgebaut. Im dritten Szenario werden Garantien für eine Wasserstoffversorgung nur in Ausnahmefällen übernommen und primär bestehende Wärmenetze verdichtet, sodass Wärmepumpen häufig die zentrale Erfüllungsoption sind. In den betrachteten Szenarien steigt die Zahl der Wärmepumpen von 1,0 Millionen im Jahr 2020 auf bis zu 6,3 Millionen im Jahr 2030 an. Die Zahl der Wärmenetzanschlüsse könnte von 1,3 Millionen auf bis zu 2,2 Millionen steigen, wenn über die Bestandsverdichtung hinaus neue Wärmenetze aufgebaut werden. Die Anzahl der Öl- und Gasheizungen könnte um bis zu 30 Prozent sinken.
Verbesserte Rahmenbedingungen sind für Erreichen der Klimaziele essenziell
Die betrachteten Entwicklungen im Wohngebäudebestand könnten die Treibhausgas-Emissionen im Jahr 2030 um bis zu 62 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 senken. Im Klimaschutzgesetz wird eine Minderung um 65 Prozent anvisiert. Zum Gebäudesektor zählen darüber hinaus Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie Nichtwohngebäude. Diese stehen nicht im Fokus der Analyse, eine stärkere Minderung könnte aufgrund der kürzeren Sanierungszyklen und der stärkeren betriebswirtschaftlichen Entscheidungsgrundlage jedoch erreicht werden. Somit wäre eine Zielerreichung auf Basis des GEG-Entwurfs grundsätzlich möglich, aber die Szenarien können nicht alle kritischen Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung abbilden.
Die Analyse betrachtet kritische Erfolgsfaktoren. Die steigende Sanierungstätigkeit und Installationen von Wärmepumpen erhöhen den Handwerksbedarf. Aktuelle Projektionen deuten bis 2030 auf stagnierende Kapazitäten hin, was zu höheren Kosten und längeren Wartezeiten führen könnte. Auch der Zeitrahmen der kommunalen Wärmeplanung könnte die Umsetzung erschweren. „Die Garantien für zukünftige Wärmenetzanschlüsse und Wasserstoffversorgung sollen gemäß GEG-Entwurf bereits ab 2024 erforderlich sein“, sagt Max Gierkink, Manager am EWI. „Die Voraussetzung für diese Garantien sind in der Regel die kommunalen Wärmepläne, welche nach aktuellem Stand des Gesetzesentwurfs zur kommunalen Wärmeplanung erst bis Ende 2026 für Großstädte bzw. 2028 für Kleinstädte vorliegen.“
Die vollständige Analyse finden Sie hier.