75 Jahre alt und trotzdem hochaktuell: Die EWI-Energietagung hat am Donnerstag ihr 75-jähriges Bestehen gefeiert. So wie die erste fand auch die diesjährige Tagung unter dem Titel „Wirtschaftliche und rechtliche Grundfragen der Energiewirtschaft“ statt. Zahlreiche Fachleute aus Energieökonomik und -praxis diskutierten in mehreren Themenblöcken über Klimaziele und soziale Marktwirtschaft, das Energiemarktdesign, Resilienz sowie die Finanzierung der Energiewende.

„Ähnlich zum Jahr 1948 steht die deutsche Energiewirtschaft erneut vor der Aufgabe, in großem Umfang neuen Kapitalstock zu errichten“, sagte EWI-Direktor Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge bei der Eröffnung der Veranstaltung im Kölner MediaPark. „Diese Aufgabe wird viel Kapital und Arbeit binden, die dann für andere Teile der Volkswirtschaft nicht zur Verfügung stehen werden. Daher sollte das Kriterium der Wirtschaftlichkeit hohe Priorität bei der Umsetzungsplanung erhalten.“

NRW-Ministerpräsident Wüst: Kein Ausstieg ohne Einstieg

Unter den rund 150 Gästen waren prominente Fachleute aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, wie Hendrik Wüst (NRW-Ministerpräsident), Dr. Catharina Friedrich (Vorständin, rhenag Rheinische Energie), Prof. Dr. Andreas Goldthau (Direktor, Willy Brandt School of Public Policy, Universität Erfurt), Prof. Reint E. Gropp (Präsident, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle), Dr. Nicole Grünewald (Präsidentin, IHK Köln), Prof. Dr. Dieter Bathen (Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft), Birgit Lichtenstein (Kfm. Vorständin, RheinEnergie), Prof. Dr. Charlotte Kreuter-Kirchhof (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) und Jun.-Prof. Oliver Ruhnau (Universität zu Köln und EWI).

In seiner Keynote beschrieb Ministerpräsident Hendrik Wüst den klimaneutralen Umbau des Energiesystems als „enormen Kraftakt für uns alle“. Angesichtes des geplanten Kohleausstiegs im Jahr 2030 machte er deutlich, dass es keinen Ausstieg ohne Einstieg geben dürfe. „Um die Schwankungen der erneuerbaren Energien auszugleichen und die Grundlast zu sichern, brauchen wir ausreichend steuerbare Leistungen. Das wird nur gelingen, wenn die Bundesregierung bei der Kraftwerkstrategie und dem Netzentwicklungsplan endlich Tempo macht. Eine weitere Verschiebung wäre inakzeptabel. Es geht schließlich um die Versorgungssicherheit der Zukunft. Die Ausschreibung für neue Gas-Kraftwerke muss jetzt kommen, sonst gerät der Kohleausstieg in Gefahr“, so der Ministerpräsident. Dem EWI dankte er dafür, dass es seit 75 Jahren mit der Energietagung ein wegweisendes Forum für den energiewirtschaftlichen Diskurs zur Verfügung stelle und so maßgeblich dazu beitrage, die energiewirtschaftlichen Herausforderungen seiner Zeit zu bewältigen.

In ihrem Grußwort sagte Heike Heim, EWI-Aufsichtsratsvorsitzende und Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke (DSW21): „Zur Premierentagung 1948 stand der Wiederaufbau der deutschen Energieversorgung im Fokus. Heute zum 75-jährigen Bestehen geht es – ebenso grundlegend und elementar – um nicht weniger als um die Gestaltung des tiefgreifenden Transformationsprozesses der Energieversorgung und der deutschen Volkswirtschaft hin zur Klimaneutralität. Da ist es unverzichtbar, dass sich Fachleute aus Wissenschaft, Politik und Industrie intensiv austauschen und Lösungen für die drängendsten Fragen der Energiebranche aufzeigen. Dazu leistet das EWI wertvolle Beiträge – praxisnah, energieökonomisch fundiert und vor allen Dingen agenda-neutral.“

BDEW-Präsidentin Wolff: „Investoren brauchen Klarheit“

Prof. Sir Dieter Helm, Professor für Economic Policy an der University of Oxford analysierte in seiner virtuellen Keynote zum Thema „Energiemarktdesign und Net Zero“, welche Änderungen am bestehenden Ordnungsrahmen ein zukünftiges klimaneutrales Energiesystem erfordere.

Dr. Marie-Luise Wolff, Vorsitzende des ENTEGA Vorstandes, Präsidentin BDEW, sagte: „Wir müssen die Klimaziele in Deutschland erreichen. Dafür brauchen wir den Kohleausstieg 2030. Das erfordert dringend eine Kraftwerkstrategie der Bundesregierung. Die Investoren brauchen Klarheit wie das Bereitstellen von Gaskraftwerksleistung vergütet wird. Anderenfalls werden diese benötigten Back-up Gaskraftwerke nicht gebaut, der Kohleausstieg wäre akut gefährdet.“

Die EWI-Energietagung fand in Kooperation mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Johannes-Rau-Forschungs-gemeinschaft (JRF), deren Mitglied das EWI ist, statt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Gerald Braunberger, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie Redakteurin Hanna Decker sowie Prof. Dr. Torsten Körber, Direktor des Instituts für Energiewirtschaftsrecht, Universität zu Köln.

 

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