Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist ein zentrales Thema der Raum- und Stadtentwicklung. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie und die mit ihr zu erwartenden ökonomischen und sozialen Herausforderungen haben die Notwendigkeit von bedarfsgerechten Ansätzen der Stadt- und Regionalentwicklung gezeigt. Wie diese gestaltet werden sollten und wo Herausforderungen für die Regionen liegen, war Thema der 22. Konferenz für Planerinnen und Planer NRW am vergangenen Freitag in Essen. Etwa 70 Teilnehmende sind der Einladung von ILS, ARL und DASL gefolgt und diskutierten das Thema „Gleichwertige Lebensverhältnisse überall?! Politik und Planung für territorialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt“.
ILS-Direktor Prof. Dr. Stefan Siedentop stellte heraus, dass das Thema in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen habe. „Ungleiche Chancen bestehen nicht nur zwischen urbanen und ländlichen Räumen, sondern auf unterschiedlichen räumlichen Ebenen und auch innerhalb von Städten“, so Siedentop. Das „alte stereotypische Stadt-Land-Denken“ müsse überwunden werden.
Diese Aufforderung bekräftigte auch ARL-Generalsekretär Prof. Dr. Rainer Danielzyk im ersten von zwei wissenschaftlichen Vorträgen. Er betonte, dass es keinen allgemeinen Entwicklungstrend zu Ungleichwertigkeit gebe, sondern sich teilräumliche Differenzierungen in Abhängigkeit vom Themenbereich feststellen ließen. Zudem verwies er darauf, dass das Thema der gleichwertigen Lebensverhältnisse nicht nur Aufgabe der Raumordnung, sondern auch anderer Handlungsfelder, wie der Infrastrukturpolitik, Wohnungspolitik und Finanzpolitik, sei. Damit die gleichwertigen Lebensverhältnisse keine Leerformel blieben, plädierte Danielzyk unter anderem dafür, gleichwertige Lebensverhältnisse als symbolträchtiges Staatsziel im Grundgesetz festzulegen und aus der heterogenen Raumentwicklung ein Leitbild der „territorialen Vielfalt“ zu entwickeln.
Anschließend präsentierte Dr. Annett Steinführer, Thünen-Institut für Ländliche Räume, wie es sich in ländlichen Räumen mit ungleichwertigen Lebensverhältnissen lebt. Darauf gebe es nicht „die“ eine Antwort, wie Steinführer erläuterte, denn benachteiligte ländliche Räume seien strukturell sehr verschieden und auch die Menschen wiesen je nach Lebenslage unterschiedliche Anpassungskapazitäten und Erwartungen auf. Sie hob hervor, dass neben auf Daten und Indikatoren basierenden Analysen zu Lebensverhältnissen und Gleichwertigkeit verstärkt auch subjektive Aspekte und Wahrnehmungen von Qualitäten und Wertempfinden berücksichtigt werden sollten.
In vier Fachworkshops zu den Themenbereichen „Wohnen“, „Mobilität“, „Engagement und Teilhabe“ sowie „Kommunalfinanzen“ wurden wissenschaftliche Erkenntnisse, politisch-planerische Initiativen und Umsetzungskonzepte in nordrhein-westfälischen Regionen und Kommunen präsentiert, die neue Wege zu gleichwertigen Lebensverhältnissen aufzeigen.
In ihrer Verabschiedung resümierte Prof. Dr. Martina Oldengott, DASL/LG NRW, dass die Corona-Pandemie, aber auch die Flutkatastrophe in der Eifel sich als Brennglas und Beschleuniger der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts darstellten. Unabhängig von Raumkategorien bestünden in Deutschland überall gute Voraussetzungen und Möglichkeiten, das Leben qualitätsvoll zu gestalten. Denn die lokalen gesellschaftlichen Zusammenhänge seien es, die zur Zufriedenheit der Menschen beitragen. Und dafür sei eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und mit der Planungspraxis sowie zivilgesellschaftlichen Initiativen erforderlich.
Die Vorträge der Konferenz wurden per Video mitgeschnitten und werden zeitnah auf dem ILS-YouTube-Kanal veröffentlicht. Zudem stehen auf Nachfrage die Präsentationen der Referentinnen und Referenten zur Verfügung.
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